Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft

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Fertig.gif Dieser Artikel wurde durch den Review-Prozess vervollständigt und korrigiert. Der Bearbeiter hat den Artikel zur Bewertung eingereicht. --Franziskaliedloff 22:56, 29. Apr. 2008 (CEST)

Die Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft Verfolgt in der Makroökonomik als Teil der Wirtschaftspolitik dieselben Ziele wie die Fiskalpolitik in geschlossenen Volkswirtschaften, sieht sich dabei jedoch mit weiteren Wirkungszusammenhängen konfrontiert, die sich aus dem Warenhandel und der damit ergebenden Differenzierung der Nachfrage nach Gütern ergeben.


Erweiterungen in einer offenen Volkswirtschaft[1]

Die Erweiterung besteht auf dem Gütermarkt in der Berücksichtigung von Importen und Exporten und somit in der notwendigen Differenzierung zwischen der inländischen Güternachfrage und der Gesamtnachfrage nach inländischen Gütern. Eine Fiskalpolitische Maßnahme, der weiterhin die Instrumente der Höhe der Steuern oder Staatsausgaben zur Verfügung stehen, hat damit auch immer Einfluss auf den Nettoexport und somit auf die Handelsbilanz.

Die Ursache liegt im funktionalen Zusammenhang der Import- und der Exportfunktion. Denn unterstellt sind zusätzlich die Funktionen

Für den Import

mit und


und den Export

mit und

Die Gesamtwirtschaftliche Nachfrage ergibt sich somit formal aus der Nachfrage in einer geschlossenen Volkswirtschaft erweitert um den Export, abzüglich des Importes relativiert um den realen Wechselkurs:


steht dabei für das Ausländische Einkommen, für den realen Wechselkurs. steht weiterhin für das inländische Einkommen, , und für den privaten Konsum, die Investitionen und den staatlichen Konsum.


Neben der Veränderung der inländischen Nachfrage hat auch die Veränderung der Nachfrage des Rests der Welt einen Einfluss auf die eigene Produktion. Es sind also zwei Perspektiven zu betrachten.

Perspektiven der Nachfrageänderung

Änderung der inländischen Nachfrage

In einer geschlossenen Volkswirtschaft ergibt beispielsweise eine Erhöhung der Staatsausgaben, wegen des bekannten Multiplikatoreffekts, eine überproportionale Produktionssteigerung. In der offenen Volkswirtschaft geht damit aber gleichzeitig ein Handelsbilanzdefizit einher: Während sich die Nachfragesteigerung sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Gütern niederschlägt, bleiben die Exporte davon zunächst unberührt. Es steigt also der Import, im Gegensatz zum Export, an Dabei „verpufft“ zudem noch ein Teil der Ausgaben in der Importnachfrage.

Eine expansive Fiskalpolitik hat demnach einmal geringere Effekte als in der geschlossenen Volkswirtschaft und erhöht gleichzeitig noch die Schulden gegenüber dem Rest der Welt.


Änderung der ausländischen Nachfrage

Eine Erhöhung der ausländischen Nachfrage entspricht dem Effekt für eine ausländische Volkswirtschaft im zuvor beschriebenen Fall. Demnach steigt die inländische Produktion an und gleichzeitig nehmen die Nettoexporte zu, was eine Verbesserung der Handelsbilanz bedeutet.

Fiskalpolitische Implikationen

Es besteht ein eineindeutiger positiver Zusammenhang zwischen der Veränderung der Nachfrage im Inland und der Veränderung im Ausland. Dieser Zusammenhang steigt mit der gegenseitigen Abhängigkeit – also den Handelverflechtungen. Wenn beide Alternativen der Nachfrageänderungen tendenziell in die gleiche Richtung wirken, ist bei der Wahl der Unterschied in der Intensität mit dem Handelsbilanzergebnis abzuwägen. Dauerhafte Handelbilanzdefizite bedeuten eine Anhäufung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Rest der Welt und stellen damit eine weitere Belastung dar.


Handlungsfolgen

Stellt man sich einen Handlungsbedarf in einer Rezession vor, steht der staatliche Akteur formal vor folgender Entscheidung:

Wählt er die Alternative, mittels einer expansiven Fiskalpolitik, die inländische Nachfrage zu erhöhen, bestehen die Opportunitätskosten in der Verbesserung der Handelsbilanz multipliziert mit der Wirkung einer Nachfrageerhöhung im Ausland und deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Diese sind ins Verhältnis zu setzen zu den - im Verhältnis zur geschlossenen Volkswirtschaft höheren -Kosten der Steigerung der inländischen Produktion, verbunden mit der Verschlechterung der Handelsbilanz.

Zwar wissend um die implizierte Möglichkeit, die eigene Nachfrage mittels nachfragewirksamer Werkzeuge – Steuersatz und staatlicher Konsum – zu erhöhen, ist die Versuchung groß, eine abwartende Strategie einzunehmen, dass ein ausländischer Akteur seinerseits diese Werkzeuge anwendet, dabei die Kosten der Erhöhung trägt und letztlich sogar die eigene Volkswirtschaft ein verbessertes Handelsbilanzergebnis erwirtschaftet. Da jedoch jeder Akteur dieser Versuchung unterliegt, wäre das Ergebnis, dass am keiner handelt.


Koordinierung

Eine politische Lösung, diese Lähmung zu Vermeiden, wäre ein abgestimmtes Verhalten. Eine solche Koordination ist jedoch keineswegs einfach: Unterschiedliche Abhängigkeiten von Importen und Exporten bedingen unterschiedliche Ausgangspositionen in den Verhandlungen. Die Ansichten über die Höhe der Unerwünschtheit von Handelsbilanzdefiziten mag nicht nur von Land zu Land sondern innerhalb derer auch im Laufe der Zeit unterschiedlich sein. Ursachen können sowohl in der Politics als auch in der ideologischen Herkunft der jeweiligen Regierungen liegen. Ideologische Einflüsse können dabei von der Haltung des Interventionismus bis hin zum Wirtschaftsliberalismus reichen[2]:

Haltung des Wirtschaftsliberalismus: Eine Notwendigkeit zur Intervention besteht nicht. Der Staat kann darüber hinaus gar keine Stabilisierungspolitik betreiben. Versucht er es trotzdem, ergeben sich sowohl insgesamt als auch zeitlich verzögert und in Intensität falsche Wirkungen, die zusätzlich destabilisieren.

Haltung des Interventionismus: Da eine Marktwirtschaft in sich nicht stabil ist, muss sie stabilisiert werden. Allein der Staat ist dazu wirksam in der Lage. Er erreicht Stabilisierung mittels geeigneten Einsatzes der [[Geldpolitik geld]- und fiskalpolitischen Instrumente sowie direkter Eingriffe.

Die ohnehin innenpolitisch schon kontroversen Haltungen müssen im Bemühen um eine Koordination nun auch noch zwischen einzelnen Ländern abgestimmt werden. Im Falle einer Einigung ist es für jeden einzelnen Staat umso attraktiver, aus der Vereinbarung auszubrechen, weil die Opportunitätskosten nochmals gestiegen sind.

Fazit

Fiskalpolitische Maßnahmen müssen in in einer offenen Volkswirtschaft Importe und Exporte mit einbeziehen. Sie haben Einfluss auf die Handelsbilanz. Zudem haben sie im Vergleich zu einer geschlossenen Volkswirtschaft auch eine geringere Wirkung auf die inländische Produktion. Daher ergeben sich auch zwei Perspektiven aus denen eine Nachfrageänderung hervorgehen kann. Tendenziell haben eine Nachfrageänderung im Inland und eine Nachfrageänderung im Ausland die gleiche Wirkung. Unter Berücksichtigung der eigenen Handelsbilanz ist der Anreiz zu einer Maßnahme sehr gering. Ein Bemühen um eine Koordinierung der Länder untereinander ist von ideologischen Unterschieden, unterschiedlichen Ausgangssituationen und Betroffenheiten sowie der ohnehin vorhandenen jeweiligen Tendenz zur Zurückhaltung geprägt. Für den Fall einer Einigung ist der Anreiz weiterhin groß, aus der Vereinbarung auszuscheren.

Quellen

  1. vgl. Blanchard, Oliver; Illing, Gerhard (2006) Makroökonomie, München, Pearson Verlag, S.531, Kapitel 19.
  2. vgl. Felderer, Bernhard; Homburg, Stefan (2005), Makroökonomik und neue Makroökonomik, Berlin: Springer, S. 156ff.