Fester Wechselkurs

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Fester Wechselkurs (fixer Wechselkurs, fester Devisenkurs, fixer Devisenkurs) ist ein Wechselkurssystem, in welchem ein Staat oder einheitlicher Währungsraum der Noten- bzw. Zentralbank längerfristig ein festes Umtauschverhältnis von einer ausländischen Währungseinheit, Gold oder einem Währungskorb, in inländischer Währung festlegt. Die Noten- bzw. Zentralbank garantiert dieses Verhältnis, unter Beachtung der entsprechenden Wechselkursziele, durch eine Verpflichtung zu Interventionen auf den internationalen Finanzmärkten.

Entwicklung ausgewählter Wechselkurse zum US-Dollar

Einordnung

Prinzipiell werden unterteilt die verschiedenen Wechselkurssysteme in freie Wechselkurse, bandbreitenfixierte Wechselkurse (relativ feste Wechselkurse) und feste Wechselkurse.[1] Das spezifische Wechselkurssystem ergibt sich aus den Wechselkurszielen des jeweiligen Staates oder einheitlichen Währungsraumes.[2] Ein Extremfall der festen Wechselkursbindung ist die Währungsunion.[3]

Geschichte

Gründerjahre, Weltkriege und Zwischenkriegszeit

Vor dem Ersten. Weltkrieg bestand ab etwa 1870 in allen wirtschaftlich bedeutenden Ländern das System der festen Wechselkurse. Der Wert einzelner Währungen wurde im Verhältnis zum Gold fixiert, der sogenannten Goldparität. In Deutschland beispielsweise bekam man für eine Mark 0,36 g Feingold, in England für ein Pfund 7,32 g Feingold[4] und in den USA für 1 Dollar 16,72 g 900er Feingold[5] Nachdem im Ersten Weltkriegs die Arbitrage des Goldmarktes wegfiel und Papiergeld ohne Deckung ausgegeben wurde, bewegten sich die Wechselkurse quasi frei und stark unterschiedlich.[6] Nach dieser vorübergehenden Phase mit flexiblen Wechselkursen, Währungsspekulationen und Hyperinflation kehrten die meisten Länder bis etwa Mitte der zwanziger Jahre zu festen Goldparitäten zurück. Diese „unkoordinierte Rückkehr zu Goldparitäten mit der Folge von Über- und Unterbewertungen bei wichtigen Währungen“[7] erwies sich jedoch als starke Belastung für den restaurierten Goldstandard und führte in der Endkonsequenz zu dessen vollständigen Zusammenbruch.

Bretton Woods

Das am 22. Juli 1944 im amerikanischen Bretton Woods beschlossene Abkommen zur internationalen Währungsordnung der Nachkriegszeit konnte bis Anfang der 70er Jahre für relative internationale Stabilität und Wachstum sorgen. Der US-Dollar wurde internationale Leitwährung mit Goldeinlösungsgarantie innerhalb bestimmter Paritäten.[8] Als die Vereinigten Staaten jedoch begannen, den Vietnam-Krieg und ihr wachsendes Außenhandelsdefizit durch die Notenpresse zu finanzieren, ergab sich ein Angebotsüberhang von US-Dollar. Die anderen Länder mussten US-Dollar aufkaufen, um Ihre Wechselkurse bzw. Währungen stabil zu halten. Diese geänderten Relationen führten 1973 letztendlich zum Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems und zur Freigabe der meisten Wechselkurse.[9]

Gegenwart

Viele Länder liegen zwischen den Extremen fester und flexibler Wechselkurse, in Abhängigkeit der jeweiligen Wechselkursziele. So gibt es beispielsweise die Zwischenformen Crawling Peg, Wechselkursbandbreiten, Adjusted Peg und Dirty Floating.[10] Fixiert wurden nach 1973 beispielsweise am 01. Januar 1999 im Rahmen der Europäischen Währungsunion die Wechselkurse der EU-Mitglieder.

Zwischenformen

In der Praxis ergeben sich verschiedene Formen zwischen festen und flexiblen Wechselkursen. Nachfolgend werden drei, die auf Basis der festen Wechselkurse beruhen, genauer betrachtet.

CrawlingPeg

Crawling Peg sind Wechselkursbindung mit regelmäßigen Auf- bzw. Abwertungen in Abhängigkeit zu einem bestimmten Index (z.B. Divergenz der Inflationsraten zwischen Inland und Ausland).

Wechselkurse mit Bandbreiten[11]

Diese werden vorher bekannt gegeben, um eine verlässliche Basis für Wechselkurserwartungen zu geben und Devisenspekulationen entgegenzuwirken.[12]

Adjusted Peg

Adjusted Peg sind Wechselkursbindung mit unregelmäßigen, vorher bekannt gegebenen Auf- bzw. Abwertungen. Hier werden beispielsweise bei strukturellen Zahlungsbilanzungleichgewichten Paritätsveränderungen zugelassen (System fester Wechselkurse mit stufenweiser Flexibilität).[13]

Wechselkursbandbreiten

Wechselkursbandbreite sind (relativ feste Wechselkurse, bandbreitenfixierte Wechselkurse): Hier werden Austauschverhältnisse zwischen den Währungen (Paritäten) und Schwankungsbreiten (Interventionszeitpunkte) festgesetzt. Innerhalb der Schwankungsbreite können sich die Kurse durch Angebot und Nachfrage frei bilden.[14]

Anwendungen und Wirkungsweise

Aufwertung

Aufwertung von Wechselkursen[15]

Wenn infolge zu starken Devisenangebotes der eigene Devisenkurs sinkt, dann muss der Kurs durch Devisenkäufe der Zentral- oder Notenbank gestützt werden. Die Notenbank müsste eigenes Geld abgeben und somit die Geldbasis vergrößern. Die Nachfragelücke kann auf Dauer durch die Notenbank nicht befriedigt werden, da sonst die Gefahr der Inflation droht, auch wenn Zahlungsbilanzüberschüsse vorliegen.[16]

Abwertung

Abwertung von Wechselkursen[17]

Wenn er dann ansteigen, dann müsste die Zentral- oder Notenbank den Kurs durch Devisenverkäufe stützen. Hier würde die Notenbank Zentralbankgeld einziehen und damit die Geldbasis verringern. Gegebenenfalls müsste eine Abwertung durch Anhebung des Wechselkurses erfolgen, da die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des eigenen Landes besteht.[18]

Vor- und Nachteile

Vorteile

Vorteile liegen in der Verringerung von Devisentransaktionskosten innerhalb eines einheitlichen Währungsraumes , und der Sicherheit für Anleger aus dem Ausland. Exporteure, Importeure und Unternehmungen haben eine feste Kalkulationsgrundlage, da keine Wechselkursschwankungen vorliegen und die Beeinflussung des Im- und Exportes zugunsten binnenwirtschaftlicher Ziele ist möglich durch erhöhte Wirksamkeit der Fiskalpolitik.[19]

Nachteile

Die Autonomie in der Geldpolitik wird als Instrument zwangsweise aufgegeben. Der inländische Zinssatz entspricht dem des Auslandes, da ein bestimmter Wechselkurs aufrechterhalten werden muss. Wenn die Inflationsrate des Inlands höher ist als die Inflationsrate des Landes an welche der Wechselkurs gebunden ist, würden die Preise für inländische Güter in Relation zu den ausländischen stärker steigen, es käme zu einer realen Überbewertung.[20]

Entwicklung des chinesischen Yuan

Entwicklung des chinesischen Yuan zum US-Dollar

Der chinesische Yuan bzw. Renminbi (Volksgeld) ist eine der wenigen Währungen mit fixem Wechselkurs. Er ist an den US-Dollar gekoppelt. Das bedeutet, der US-Dollar kann fallen oder steigen, doch der Yuan ist jeden Tag den gleichen US-Dollar Betrag wert. Der Yuan gerät zunehmend unter Aufwertungsdruck, da er nach Meinung von Fachleuten um bis zu 15% unterbewertet ist.[21] Die chinesische Regierung hat darauf reagiert, indem sie seit 2006 in einem ersten Schritt eine geringe Schwankungsbreite zulässt. Da künstlich niedrig gehaltene Wechselkurse den Export und Zuflüsse ausländischen Kapitals begünstigen, ist kurzfristig davon auszugehen, dass keine grundlegende Änderung eintritt. Mittel- bis langfristig jedoch wird der Yuan völlige Konvertibilität und Offenheit erfahren.[22][23]

Einzelnachweise

  1. Vergleiche Hannelore Grill und Hans Perczynski: Wirtschaftslehre des Kreditwesens. 36. Auflage, Gehlen 2002, S. 461
  2. Vergleiche Olivier Blanchard und Gerhard Illing: Makroökonomie. 4. Auflage, München 2006, S. 590
  3. Vergleiche Hans-Joachim Jarchow: Theorie und Politik des Geldes. 11. Auflage, Göttingen 2003, S. 446 ff.
  4. Vergleiche Hans-Joachim Jarchow und Peter Rühmann: Monetäre Außenwirtschaft II – Internationale Währungspolitik. 5. Auflage, Göttingen 1997, S. 17
  5. Vergleiche Barry Eichengreen: Vom Goldstandard zum EURO – Die Geschichte des internationalen Währungssystems. Berlin 1996, S. 41
  6. Vergleiche Barry Eichengreen: Vom Goldstandard zum EURO – Die Geschichte des internationalen Währungssystems. Berlin 1996, S. 71
  7. Hans-Joachim Jarchow und Peter Rühmann: Monetäre Außenwirtschaft II – Internationale Währungspolitik. 5. Auflage, Göttingen 1997, S. 76
  8. Vergleiche Manfred Borchert: Außenwirtschaftslehre. 7. Auflage, Wiesbaden 2001, S. 427 ff.
  9. Vergleiche Hans-Joachim Jarchow und Peter Rühmann: Monetäre Außenwirtschaft II – Internationale Währungspolitik. 5. Auflage, Göttingen 1997, S. 89 ff.
  10. Vergleiche Olivier Blanchard und Gerhard Illing: Makroökonomie. 4. Auflage, München 2006, S. 591 ff.
  11. In Anlehnung an Udo Schmitz und Bernd Weidtmann: Handbuch der Volkswirtschaftslehre. 2. Auflage, Stuttgart 2000, S. 244
  12. Vergleiche Reinhold Sellien und Helmut Sellien (Herausgeber): Gablers Wirtschaftslexikon. 12. Auflage, Wiesbaden 1988, S. 1108 ff.
  13. Vergleiche Reinhold Sellien und Helmut Sellien (Herausgeber): Gablers Wirtschaftslexikon. 12. Auflage, Wiesbaden 1988, S. 1772 ff.
  14. Vergleiche Hannelore Grill und Hans Perczynski: Wirtschaftslehre des Kreditwesens. 36. Auflage, Gehlen 2002m, S. 462
  15. In Anlehnung an Udo Schmitz und Bernd Weidtmann: Handbuch der Volkswirtschaftslehre. 2. Auflage, Stuttgart 2000, S. 243
  16. Vergleiche Dietmar Dorn und Rainer Fischbach: Volkswirtschaftslehre II – Volkswirtschaftstheorie und –politik. 2. Auflage, München 1995, S. 184 ff.
  17. In Anlehnung an Udo Schmitz und Bernd Weidtmann: Handbuch der Volkswirtschaftslehre. 2. Auflage, Stuttgart 2000, S. 243
  18. Vergleiche Olivier Blanchard und Gerhard Illing: Makroökonomie. 4. Auflage, München 2006, S. 593 ff.
  19. Vergleiche Olivier Blanchard und Gerhard Illing: Makroökonomie. 4. Auflage, München 2006, S. 629 ff.
  20. Vergleiche Olivier Blanchard und Gerhard Illing: Makroökonomie. 4. Auflage, München 2006, S. 594 ff. und 612 ff.
  21. Vergleiche Jim Rogers: Investieren in China – So profitieren auch Sie vom größten Markt der Welt. München 2008, S. 42 ff.
  22. Vergleiche Jim Rogers: Die Abenteuer eines Kapitalisten – Die Entdeckung der Märkte auf einem Trip um die Welt. München 2005, S. 67 ff.
  23. Vergleiche Olivier Blanchard und Gerhard Illing: Makroökonomie. 4. Auflage, München 2006, S. 625

Literatur

  • Blanchard, Olivier/Illing, Gerhard: Makroökonomie, 4. Auflage, München, 2006, ISBN 3-8273-7209-7
  • Borchert, Manfred: Außenwirtschaftslehre, 7. Auflage, Wiesbaden, 2001, ISBN 3-409-63907-1
  • Büschgen, Hans E.: Börsenlexikon, 21. Auflage, Düsseldorf, 1998, ISBN 3-8788-1165 9
  • Dorn, Dietmar/Fischbach, Rainer: Volkswirtschaftslehre II – Volkswirtschaftstheorie und –politik, 2. Auflage, München, 1995, ISBN 3-4862-2927-3
  • Eichengreen, Barry: Vom Goldstandard zum EURO – Die Geschichte des internationalen Währungssystems, Berlin, 1996, ISBN 3-8031-3603-2
  • Gablers Wirtschaftslexikon, Herausgeber: Sellien, Reinhold/Sellien, Helmut, 12. Auflage, Wiesbaden, 1988, ISBN 3-4093-0386-3
  • Grill, Hannelore/Perczynski, Hans: Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 36. Auflage, Gehlen, 2002, ISBN 3-4410-0303-9
  • Jarchow, Hans-Joachim/Rühmann, Peter: Monetäre Außenwirtschaft II – Internationale Währungspolitik, 5. Auflage, Göttingen, 1997, ISBN 3-5250-3174-2
  • Jarchow, Hans-Joachim: Theorie und Politik des Geldes, 11. Auflage, Göttingen, 2003, ISBN 3-8252-2453-8
  • Krugmann, Paul/Obstfeld, Maurice: Internationale Wirtschaft - Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 7.Auflage, München, 2006, ISBN 3-8273-7199-6
  • Schmitz, Udo/Weidtmann, Bernd: Handbuch der Volkswirtschaftslehre, 2. Auflage, Stuttgart, 2000, ISBN 3-1288-1832-0
  • Rogers, Jim: Die Abendteuer eines Kapitalisten – Die Entdeckung der Märkte auf einem Trip um die Welt, 1. Auflage, München, 2005, ISBN 3-8987-9135-1
  • Rogers, Jim: Investieren in China – So profitieren auch Sie vom größten Markt der Welt, 1. Auflage, München, 2008, ISBN 3-8987-9311-7
  • Woll, Artur: Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 12. Auflage, München, 1996, ISBN 3-8006-2091-X

Weblinks

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