Lohnspreizung

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Fertig.gif Dieser Artikel wurde durch den Review-Prozess vervollständigt und korrigiert. Der Bearbeiter hat den Artikel zur Bewertung eingereicht. --Yvonnebreitling 17:58, 22. Apr. 2008 (CEST)

Lohnspreizung (auch Lohnungleichheit oder Lohndispersion genannt) bezeichnet den Abstand zwischen den Arbeitseinkommen verschiedener Wirtschaftssubjekte. Sie ist neben der Lohnentwicklung und der Lohnquote eine wichtige volkswirtschaftliche Kennzahl und gibt die Ungleichverteilung der Arbeitseinkommen in einer definierten Gruppe von Wirtschaftssubjekten an.

Begriffsabgrenzung

Der Begriff des Lohnes involviert bei der Lohnspreizung die Arbeitseinkommen aller Arbeitnehmer, also Lohn und Gehalt.

Die Einkommensspreizung, die auch oft Gegenstand empirischer Untersuchungen wird, involviert dagegen neben dem Arbeitsentgelt auch Transferleistungen, Einkommen aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und andere Zuflüsse, die einer Person zufließen und über die sie frei verfügen kann.

Einordnung und Problematik

Lohnspreizung wird im arbeitsmarktpolitischen Rahmen vielfach im Zusammenhang mit (fehlender) "sozialer Gerechtigkeit" diskutiert.

Als gesellschaftlich ungerecht wird unter anderem eine wachsende Spreizung der Arbeitseinkommen von Hochqualifizierten in Relation zu Geringqualifizierten kritisiert. In der öffentlichen Debatte wird dies oft auch im Zusammenhang mit der höheren Arbeitslosigkeit bei Geringqualifizierten gegenüber besser Qualififierten diskutiert. In wissenschaftlichen Arbeiten wird diese hohe qualifikationsbedingte Arbeitslosigkeit hingegen oft als Ergebnis der unzureichenden Lohnspreizung zu Lasten der unteren Einkommensgruppen gewertet.

Datenquellen zur Ermittlung der Lohnspreizung

Beim Vergleich unterschiedlicher Angaben zur Lohnspreizung ist zu beachten, dass unterschiedliche empirische Untersuchungen, die mit unterschiedlichen Datenbasen arbeiten, im Detail zu anderen Ungleichverteilungsgrößen kommen. Einige nationale und internationale Datenquellen werden im Folgenden kurz erläutert.

Die IAB-Beschäftigtenstichprobe (IABS) der Bundesagentur für Arbeit besteht seit 1975 und veröffentlicht auch Mikrodatensätze, die regionale Daten beinhalten. Die Datensätze enthalten Studien auf Basis von Tagesverdiensten von Vollzeitbeschäftigten. Selbstständige, Beamte, Teilzeit- und Niedriglohnbeschäftigte werden bei der IABS nicht erfasst.[1]

Das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) ist eine Panel-Befragung, die seit 1984 vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführt wird. Es publiziert Stundenlöhne von Arbeitnehmer aller Gruppen und ergänzt diese mit zahlreichen sozioökonomischen Detailinformationen. Nachteilig ist der relativ geringe Stichprobenumfang.[2]

Die Gehalts- und Lohnstrukturerhebung (GLS) des Statistischen Bundesamtes erfasst seit 1951 die Arbeitseinkommen von Arbeitern und Angestellten ab einer Unternehmensgröße von mindestens zehn Arbeitnehmern. Nachteilig ist hier, dass nicht der komplette Dienstleistungssektor zum Berichtskreis gehört.[3]

Die Einkommensteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes liefert umfangreiche Tabellen[4] mit für Ungleichverteilungsmessungen verwendbaren Quantilen. Eine daraus zusammengefasste Tabelle[5] erscheint seit Jahren in einem einheitlichen Format.

Die Employment statistics database der OECD ist die Grundlage des jährlich veröffentlichten OECD Employment Outlook. Sie enthält einen großen Datenbestand über Arbeitsmarktergebnisse der OECD-Länder.[6]

Ergebnisse einer europaweiten Verdienststrukturerhebung wurden von dem European Structure of Earnings Survey (SES) bereits 1995 veröffentlicht. Das SES setzt sich aus nationalen statistischen Ämtern zusammen und wertet Daten aus 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und zwei Ländern der Europäischen Freihandelszone (EFTA) aus.[7]

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) stellt ihr Wissen im Arbeitsbereich in der LABORSTA Datenbank mit umfangreichen Arbeitsmarktstatistiken zur Verfügung.[8]

Das Institut für Soziologie der Universität Duisburg veröffentlicht Tabellen und Grafiken unter dem Titel Sozialpolitik aktuell[9], darunter auch eine Tabelle zur Schichtung der Bevölkerung nach relativen Einkommenspositionen 1992 – 2006[10].

Ermittlung der Lohnspreizung

Lohnspreizung kann mittels verschiedener Ungleichverteilungsmaße berechnet und anschließend analysiert werden. Die in empirischen Untersuchungen am häufigsten verwendeten Indikatoren für die Ungleichverteilung sind der Gini-Koeffizient und Quantilverhältnisse.

Da die Quantilverhältnisse eine differenziertere Betrachtung zulassen als der Gini-Koeffizient, wird kurz eine Berechnung mittels Quantilverhältnissen erklärt.

Aus der ausgewählten Datenbasis erhält man die gemessenen Lohnhöhen, welche man sortiert und bestimmten, gleichgroßen Quantilen zuordnet. Anschließend werden die Summen der einzelnen Quantile gebildet. Oft verwendete und aussagekräftige Quantile sind dabei das zehnte, fünfzigste und neunzigste Quantil. Dabei stellt das fünfzigste Quantil den Medianwert dar, also genau die Lohnhöhe, die sich in den sortierten Löhnen in der Mitte befindet. Das zehnte Quantil gibt die Lohnhöhe an, die von 10 % der Beschäftigten nicht überschritten wird. Um die Ungleichverteilung zu beschreiben, werden die Summen der Quantile in Relation zueinander gesetzt. Dabei kann man festhalten, dass in der Literatur davon ausgegangen wird, dass die Lohnhöhen bis zum zehnten Quantil für die Gering- oder Unqualifizierten und die Löhne ab dem neunzigsten Quantil für die Hochqualifizierten stehen.

Um eine Aussage über die Entwicklung der Lohnspreizung zu treffen, muss man sie sich im Zeitverlauf ansehen. Vergrößert sich bei dieser dynamischen Analyse der Abstand zwischen den einzelnen Quantilen, so spricht man von zunehmender Lohnspreizung, verkleinert sich deren Abstand, so spricht man von Lohnkompression.

Ursachen der Lohnspreizung

Differenzierte Arbeitseinkommen sind bereits auf einem theoretischen Arbeitsmarktmodell mit heterogenem Arbeitsangebot zu finden. Dabei werden die unterschiedlichen Qualifikationen der Arbeitnehmer unterschiedlich entlohnt, so dass die höher qualifizierten Arbeitnehmer ein höheres Arbeitseinkommen als geringer Qualifizierte erhalten. Dieses resultiert aus der Annahme, dass höher Qualifizierte produktiver sind als weniger Qualifizierte, d. h. die Entlohnung erfolgt nach dem Grenzwertprodukt.

Dieses theoretische Grundmodell beachtet jedoch andere, die Lohnhöhe bestimmenden Größen nicht. So können sowohl Faktoren auf Angebots- und Nachfrageseite als auch institutionale Faktoren die Lohnspreizung beeinflussen.

  • Erfahrung und Verantwortung der Arbeitnehmer beeinflusst die Lohnhöhe dahingehend, dass letztendlich die Unternehmung in der Lohnhöhe ein Instrument zur effizienten Gestaltung ihrer Produktionsprozesse sieht.
  • Ausbildungskosten und die daraus resultierende Bildungsprämie schlagen sich i. d. R. in einem höheren Arbeitsentgelt nieder, da Investitionskosten der qualifizierten Arbeitnehmer sich auch nach gewisser Zeit auszahlen müssen.
  • Relative Knappheit oder Überangebot an benötigten Arbeitskräften führt zur Lohnanpassung der Unternehmen je nach Verfügungsgrad der Arbeitnehmer.
  • Unzureichende Qualitätsanpassung der Beschäftigten an das Arbeitsangebot vermindert wegen erhöhtem Einarbeitungsbedarf die Bereitschaft der Arbeitgeber, einen höheren Lohn zu zahlen.
  • Entwicklung der Erwerbsbeteilung von Frauen beeinflusst die Lohnspreizung im unteren Einkommensbereich, da Frauen i. d. R. mit gleichem Qualifikationsniveau geringer entlohnt werden als Männer.
  • Arbeitssparender technischer Fortschritt reduziert die Produktion arbeitsintensiver Güter und damit die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen, an denen die Geringqualifizierten arbeiten könnten.
  • Bedeutungsverlust des Industriesektors durch Zunahme des internationalen Handels mit Niedriglohnländern führt zu einer Verringerung der niedrigqualifizierten Tätigkeiten, weil vor allem im Bereich des Industriesektors Arbeitsplätze für Nicht- und Geringqualifizierte zur Verfügung stehen.
  • Institutionelle Eingriffe in das Marktgeschehen durch Mindest- und Tariflöhne bewirken i. d. R. eine Angleichung der Arbeitseinkommen der Qualifizierten und Geringqualifizierten, die Lohnspreizung stagniert bzw. komprimiert sich im Bereich der betroffenen Arbeitnehmer. Eine Reduzierung der Gewerkschaftsdichte und eine reale Senkung der Mindestlöhne bewirkt genau das Gegenteil. Die Lohnspreizung nimmt zu, da die Geringqualifizierten wieder nach ihrer Produktivität entlohnt werden.

Inwieweit die einzelnen Einflussfaktoren maßgeblich zur Lohnspreizung beitragen, ist bis heute in der Literatur umstritten.

Die Europäische Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung des Arbeitseinkommens das Ergebnis einer komplexen Wechselwirkung zwischen technologischem Fortschritt, Organisation des Arbeitsmarktes und in geringerem Maße anderen Triebkräften, etwa der Öffnung des Handels ist.[11]

Wesentlich für die Interpretation der Lohnspreizung ist die Tatsache, dass diese (ähnlich wie die Lohnquote) im Konjunkturverlauf spürbar schwankt. Ein Hauptgrund ist, dass die Einkommen der Beschäftigten in den oberen Quantilen weitaus höhere variable Gehaltsbestandteile beziehen, die mit der Gewinnsituation der Unternehmen schwankt. Weiterhin folgt die Anpassung der Tarifgehälter typischerweise dem Konjunkturverlauf mit einer zeitlichen Verzögerung. Hierdurch steigt die Lohnspreizung am Anfang eines Aufschwungs an, um am Ende des Aufschwungs wieder zu sinken.

Auswirkungen der Lohnspreizung

Lohnspreizung und Arbeitslosigkeit

Die Frage, inwieweit eine stärkere Lohnspreizung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in der Gruppe der Niedrigqualifizierten beiträgt, ist theoretisch und politisch umstritten.

Gemäß der Neoklassischen Theorie entsteht Arbeitslosigkeit, wenn der Lohn über der Grenzproduktivität der Arbeit des jeweiligen Arbeitnehmers liegt. Daraus ergibt sich eine Lohnspreizung aus der Spreizung der Produktivität. Entsprechend orientiert sich auch das Lohnniveau der geringstqualifizierten Arbeitnehmer nicht an deren Bedarf, sondern eben an ihrer Produktivität.

Dies führt in vielen Ländern zu dem Effekt der "Working Poor", also von Menschen, die trotz eines Vollzeitarbeitsplatzes nicht ausreichend verdienen, um davon leben zu können. Um diesen Effekt zu verhindern, wurde in den Tarifverträgen in der Bundesrepublik Deutschland seit den 50er Jahren vielfach vereinbart, dass die unteren Lohngruppen proportional höhere Lohnsteigerungen erhalten haben als die oberen.

Seit den 70er Jahren ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland stark gestiegen. Hiervon waren überproportional Menschen geringer Qualifikation betroffen. Dies bestätigte die neoklassische Analyse empirisch.

Durch die Schaffung eines Niedriglohnsektors (unter Akzeptanz der damit verbundenen Zunahme der Lohnspreizung) z. B. bei haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen, erhoffte man sich in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre positive Beschäftigungseffekte bei Geringqualifizierten auszulösen. Diese Maßnahmen waren politisch umstritten. Der Sachverständigenrat stellte 1999 in seinem Herbstgutachten fest: "Bei der Lohndifferenzierung und der Flexibilisierung der Arbeitsverträge wurden keine Fortschritte erzielt. Seit Mitte der achtziger Jahre nahm in Westdeutschland das Ausmaß der Lohndifferenzierung fast kontinuierlich ab. Dies ist wegen der hohen Substituierbarkeit von gering qualifizierter Arbeit durch Kapital ein wesentlicher Grund für die Arbeitsmarktprobleme Geringqualifizierter."[12] Dies wurde aber von der Gewerkschaftsseite entgegengesetzt bewertet.[13] Im Jahr 2005 lag die Arbeitslosigkeit von Geringqualifizierten ohne Ausbildung bei 40 %, die der Arbeitnehmer mit Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluss bei 6 % und konnte durch die stärkere Lohnspreizung im unteren Einkommensbereich tendenziell nicht gesenkt werden.[14]

Rukwid fand für nach Auswertung des ihm vorliegenden Datenmaterials keine einfache monokausale Beziehung zwischen Lohnspreizung und der Arbeitslosenquote Geringqualifizierter.[15]

Lohnspreizung und Armut

Verlierer der Ausweitung der Lohnspreizung sind die Geringqualifizierten (und ihre Familien), die trotz Arbeit unterhalb der relativen Armutsgrenze leben, wobei ihr Arbeitseinkommen nicht zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfes ausreicht. So ist zwischen 1998 und 2003 in Deutschland die relative Einkommensarmut (nach öffentlichen Transferleistungen) um 1,4 % auf 13,5 % gestiegen.[16]

Absenken der Wohlfahrtsfunktion

Unter den verschiedenen Einkommen, die ein aus einem Volk zufällig ausgewählter Einkommensbezieher haben kann, gibt es ein Einkommen, dass eine höhere Auswahlwahrscheinlichkeit hat, als jedes andere Einkommen. Dieses Einkommen kann als das von der Allgemeinheit "empfundene" Pro-Kopf-Einkommen verstanden werden. Oft wird der Median benutzt, um dieses Einkommen zu repräsentieren. Einfacher und informationstheoretisch erklärbarer ist die von Amartya Sen und James E. Foster vorgeschlagene[17] Wohlfahrtsfunktion. In Deutschland liegt die Wohlfahrtsfunktion brutto ungefähr bei 25.000 € im Jahr und damit unterhalb des rechnerischen Durchschnittseinkommen von ungefähr 35.000 €. Je größer die Lohnspreizung ist, desto weiter unterhalb des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens wird die Wohlfahrtsfunktion liegen.[18]

Handlungsmöglichkeiten zur Verringerung der Lohnspreizung

Es besteht weitgehend Konsens darüber, dass verbesserte Bildung im Bereich der Niedrigqualifizierten ein geeignetes Mittel ist, die Lohnspreizung zu reduzieren. Hierdurch reduziert sich die Spreizung der Qualifikation und die Menschen geringer Qualifikation erwerben die Möglichkeit in höhere Gehaltsstufen aufzusteigen. Hier sind insbesondere die Förderung schwacher Schüler mit dem Ziel des Erreichens des Hauptschulabschlusses (z.B. die hessischen SchuB-Klassen) und die Bemühungen, möglichst vielen Jugendlichen eine Berufsausbildung zu ermöglichen zu nennen. Da diese Maßnahmen ebenfalls geeignet sind, die Arbeitslosigkeit der betreffenden Gruppe zu verringern, ist Nutzen und Notwendigkeit dieser Maßnahmen unumstritten.

Auch in der Arbeitsmarktpolitik werden verschiedene Maßnahmen diskutiert, welche die Lohnspreizung vermindern könnten. Zwei sehr aktuelle Beispiele dafür sind die Subventionierung der Beschäftigung von Geringqualifizierten mittels eines Kombilohnes und die Einführung von Mindestlöhnen[19]. Diese Maßnahmen werden in hohem Maße kontrovers diskutiert, da die Auswirkungen auf Beschäftigung und Wachstum unterschiedlich bewertet werden.


Entwicklung der Lohnspreizung in Deutschland

Seit den 1990er Jahren verzeichnet Deutschland, nachdem diese in vorangegangenen Jahren sehr komprimiert war, eine zunehmende Lohnspreizung. Dabei vollzieht sich die Spreizung im oberen Quantil durch enorme Gehaltserhöhungen der Arbeitnehmer mit bereits hohem Einkommen und im unteren Quantil durch fallende Arbeitseinkommen der Un- und Geringqualifizierten. Weiterhin ist zu beobachten, dass sich die Hoch- und die Geringverdiener stark von den mittleren Lohnklassen entfernen.

Ein Einflussfaktor der steigenden Lohnspreizung in Deutschland war die Wiedervereinigung. Die Lohnskala in Westdeutschland überlappte sich im unteren Bereich mit dem oberen Bereich der Lohnskala in der DDR. Entsprechend verändert sich die Lohnspreizung im wiedervereinigten Deutschland, dessen Lohnskala wiederum innerhalb der globalen Lohnskala liegt. Die Ausgleichsvorgänge, die die Öffnung bisheriger Barrieren zwischen den Ländern mit sich bringt, erleichtern die Diffusion vormals lokaler Verhältnisse über den ganzen Globus. Das schließt Lohnspreizungen im Bereich überhalb und unterhalb der bisher für Deutschland geltenden Skala mit ein.

Quantilverhältnisse

Die folgende Tabelle zeigt die Ungleichverteilung der Arbeitseinkommen (berechnet nach der Datenbasis der OECD) in Quantilrelationen. Anzumerken ist hierbei, dass nur die Löhne von Vollzeitarbeitenden berücksichtigt wurden. Bedenkt man, dass gerade in Teilzeitarbeitstätigkeiten geringere Löhne gezahlt werden als bei Vollzeitarbeitstätigkeiten, wird die reelle Lohnspreizung noch über diese Werte hinausgehen.

Jahr Quantilverhältnis 90/10 Quantilverhältnis 90/50 Quantilverhältnis 50/10
1995 2,79 1,79 1,56
2005 3,13 1,84 1,70

Quelle: OECD Employment Outlook 2007[20]

1995 war der Lohn eines Arbeitnehmers im oberen Quantil 2,79-mal so hoch wie der Lohn eines Geringverdieners (Quantilrelation 90/10). Dabei entspricht nach allgemeiner Definition das obere Quantil (90) den Hochqualifizierten, das untere Quantil (10) den Geringqualifizierten. Dieser Abstand vergrößerte sich in 10 Jahren auf 3,13.

Im Jahr 1995 betrug der Lohn eines Arbeiters im neunzigsten Quantil 1,79-mal mehr als der Median, im Jahr 2005 1,84-mal mehr (Quantilrelation 90/50).

1,56-mal mehr verdienten die Durchschnittsverdiener gegenüber den Geringverdienern im Jahr 1995. Dies steigerte sich auf 1,7 im Jahr 2005 (Quantilrelation 50/10).

Der Tagesspiegel machte im April 2008 bekannt, dass Deutschland mit einem Anteil von 22 % Niedriglohnarbeitnehmern im kontinental-europäischen Vergleich an der Spitze liegt, wobei diese weniger als 2/3 des mittleren Lohns erhalten.[21]

Gini-Koeffizient als weiteres Ungleichverteilungsmaß

In der Einkommensteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 1995 nur Angaben für Westdeutschland publiziert.[22] Damals ergab sich aus ihr ein Gini-Koeffizient von 42,2 % für alle auf 18 Quantile aufgeteilten positiven Brutto-Einkommen. Später konnte das ganze Bundesgebiet erfasst werden. Der vergleichbare Gini-Koeffizient lag für die 22 Quantile der Einkommensteuerstatistik im Jahr 2001[23] bei 47,9 %, im Jahr 2003[24] bei 45,1 % und im Jahr 2004[5] bei 45,3 %.[25] Allerdings gibt es im untersten Quantil zwischen 2001 und 2004 eine Differenz von 2 Millionen Steuerpflichtigen. Veränderungen der Steuerstatistik nach Reformen können die Ungleichverteilungsbereichnung aus der Steuerstatistik beeinträchtigen. Die Erhöhung der Zahl der Quantile von 18 auf 22 könnte auch zu einer Erhöhung der daraus errechneten Ungleichverteilungsmaße geführt haben, wenn damit Ungleichverteilungen zutage traten, die zuvor innerhalb der Quantile verborgen waren. Von hoher Intraquantil-Ungleichverteilung betroffen sind hier insbesondere die Quantile an den beiden Enden der Einkommensskala. Die Interquantil-Ungleichverteilung in den Quantilen in der Mitte ist sehr gering, was vermuten lässt, dass dort auch die Intraquantil-Ungleichverteilung klein ist.[18]

Einzelnachweise

  1. Forschungsdatenzentrum der Bundesagentur für Arbeit, http://fdz.iab.de/de/FDZ_Individual_Data/IAB_Employment_Samples.aspx, 07.04.2008
  2. DIW, http://www.diw.de/deutsch/soep/26628.html, 07.04.2008
  3. Hafner; Lenz, 2007, S. 1-3
  4. Auf 22 Quantile verteilte Einkommen der Lohn und Einkommensstatistik des Bundesamtes für Statistik für das Jahr 2001, 28.04.2008
  5. 5,0 5,1 Auf 22 Quantile verteilte Einkommen der komprimierten Einkommensteuerstatistik 2004, 28.04.2008
  6. OECD, http://www.oecd.org/document/39/0,3343,en_2649_33927_39080679_1_1_1_1,00.html, 19.04.2008
  7. Europäische Kommission, http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page?_pageid=1913,47567825,1913_65204321&_dad=portal&_schema=PORTAL, 07.04.2008
  8. Internationale Arbeitsorganisation, http://laborsta.ilo.org/, 07.04.2008
  9. Universität Duisburg, http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tabellen_einkommen.shtml, 28.04.2008
  10. Universität Duisburg, Schichtung der Bevölkerung nach relativen Einkommenspositionen 1992 – 2006, 28.04.2008
  11. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 2007, S.10
  12. Sachverständigenrat, [http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/download/gutachten/99_i.pdf), 28.04.2008
  13. Saniter, 2007, S. 36
  14. IAB Kurzbericht 2007, S. 3
  15. Rukwid, 2007, S. 32
  16. Saniter, 2007, S. 19
  17. James E. Foster und Amartya Sen, 1996, On Economic Inequality, expanded edition with annexe, ISBN 0-19-828193-5
  18. 18,0 18,1 Zur Berechnung der Wohlfahrtsfunktion aus dem Theil-Index für Deutschland siehe Pro-Kopf-Einkommen
  19. Bofinger, Dietz et al.,2007, S. 85-112
  20. OECD, http://www.oecd.org/els/employment/outlook/2007, S. 268
  21. Tagesspiegel, http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Fragen-des-Tages-Niedriglohn;art693,2515804, 19.04.2008
  22. desatis, Kapitel 20.10.4 in Statistisches Jahrbuch 1999
  23. destatis, Löhne und Einkommen 2001, Aktualisierung vom 22. November 2005
  24. destatis: Löhne und Einkommen 2003
  25. Aus den Einkommensteuerstatistiken des Statistischen Bundesamtes berechnete Ungleichverteilungen. Auf 22 Quantile verteilte Brutto-Gesamteinkommen (Gewinnfälle): 2004, 2003, 2001. Auf 18 Quantile verteilte positive Brutto-Gesamteinkommen (Gewinnfälle in Westdeutschland): 1995

Literaturverzeichnis

Weblinks