Leontief-Paradoxon

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Fertig.gif Dieser Artikel wurde durch den Review-Prozess vervollständigt und korrigiert. Der Bearbeiter hat den Artikel zur Bewertung eingereicht. --Dennis Krause 20:30, 27. Apr. 2008 (CEST)

Das Leontief-Paradoxon ist das Ergebnis einer empirischen Untersuchung, welche 1953 durch Wassily Leontief veröffentlich wurde und dem bis dahin unumstrittenen Heckscher-Ohlin-Theorem vollkommen widerspricht[1].

Aussage des Heckscher-Ohlin-Theorem

W. Leontief beschäftigte sich mit dem Heckscher-Ohlin-Theorem (neoklassisches Modell), welches bis nach dem zweiten Weltkrieg in der Außenwirtschaftstheorie unumstritten bestand. Nach diesem Theorem ist die Ursache für die Richtung und das Ausmaß des Außenhandels die unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren in den einzelnen Ländern. So wird in einem Land, das stark im Vergleich zu anderen Ländern mit einem bestimmten Produktionsfaktor ausgestattet ist, diesen reichlich nutzen um verhältnismäßig billiger als das Ausland zu produzieren. So können sich am internationalen Handel beteiligende Länder, auf solche Güter im Export spezialisieren deren Produktionsfaktor im eigenem Land sehr stark im Vergleich zu anderen Ländern vorhanden ist. Die exportierten Güter sind so gegenüber dem Ausland billiger[2].

Leontief´s Untersuchung der Wirtschaftsstruktur der USA

Wassily Leontief´s empirische Untersuchung der Wirtschaftsstruktur der USA, führte zu dem 1953 veröffentlichten Ergebnis, dass die zu diesem Zeitpunkt reichlich mit Kapital ausgestattete USA entgegen anderen Ländern im internationalen Handel Produkte exportiert, welche mit einer relativ hohen Arbeitsintensität hergestellt wurden und Güter importieren, die hauptsächlich mit einer relativ hohen Kapitalintensität produziert wurden[3].

Input-Output Tabellen

Leontief bezog sich bei seiner empirischen Untersuchung auf Input-Output Tabellen und Handelsstatistiken aus dem Jahre 1947, somit konnte er die durchschnittliche Kapitalintensität der Exporte aus den USA bestimmen. Doch als Problem stellte sich für Wassily Leontief die Kapitalintensität der bezogenen Importe der USA zu bestimmen, da er keine Input-Output Tabellen dieser Länder zur Verfügung hatte. Daher verglich er die Kapitalintensität der amerikanischen Exporte mit der Kapitalintensität amerikanischer Industrien, die mit amerikanischen Importen konkurrierten[4].

In seiner Veröffentlichung von 1953, mit den auf 1947 basierenden Werten kam Leontief zu folgenden Ergebnissen.

Leontief's Input-Output Tabelle von 1947.jpg

So stellte sich heraus, dass die Konkurrenz Importe der USA einen um 30 % höheren Umfang an Kapital pro Arbeitseinheit zu ihrer Herstellung benötigen als die Exporte des gleichen Wertes (R, Spalte (4))[5].

Zusammengefasst exportiert die USA „Arbeit“ und importiert „Kapital“. Dieses Ergebnis, welches dem bis dahin unumstrittenen Heckscher-Ohlin-Theorem vollkommen widerspricht, geht als das sogenannte Leontief-Paradoxon in die Außenwirtschaftstheorie ein.

Des Weiteren konnte W. Leontief auch Untersuchungen zu anderen Ländern wie dem relativ arbeitsreichen und kapitalarmen Japan erstellen und kam zu einem Ergebnis, mit einem Wert von R= 0,644, der ebenfalls als Paradoxon anzusehen ist. Obwohl eigentlich zu erwarten wäre, dass Japan eher relativ arbeitsintensive Produkte exportiert. In der Folge wurde das Faktorproportionentheorem weiterentwickelt, welches zwischen Arbeit, Humankapital und Sachkapital unterscheidet, dem sogenannten Neo- Faktorproportionentheorem[6].

Begründung des Leontief Paradoxon

Für die Unterschiede zwischen den empirischen Untersuchungen von Wassily Leontief und des Heckscher-Ohlin-Theorems gibt es folgende Begründungen:

  • Die Produktionstechnologien sind nicht gleich:
    Unterschiede bestehen nicht nur in der Faktorausstattung, ebenso gibt es erhebliche relative Unterschiede in den Faktorproduktivitäten.
  • Die Produktionsfaktoren sind nicht homogen:
    Industrieländer wie zum Beispiel die USA besitzen eine relativ gute Ausstattung mit hochqualifizierter Arbeit. Deshalb exportieren sie Güter, bei deren Produktion relativ viel von diesem Faktor benötigt wird. Dieses führte zur Neo-Faktorproportionen Theorie.
  • Natürliche Ressourcen werden neben den Faktoren Arbeit und Kapital mit eingesetzt:
    Durch den Einsatz natürlicher Ressourcen wird ein hoher Anteil an Kapital gebunden. Dies hat zur Folge, dass vergleichbar produzierte Güter oft auch zusätzlich importiert werden.
  • Die Nachfragepräferenzen sind nicht gleich:
    Die Länder, die im internationalen Handel tätig sind haben eine unterschiedliche Nachfragepräferenz, zum Beispiel die amerikanische Industrie ist insbesondere auf der Suche nach kapitalintensiv hergestellten Gütern.
  • Je nach Produktionsmenge können die Faktorintensitäten variieren:
    Hier ist kein eindeutiger Zusammenhang zwischen relativen Faktorpreis und relativen Güterpreis festzustellen.
  • Maßnahmen des Protektionismus:
    Im Zeitraum der empirischen Untersuchung von Wassily Leontief wurden Veränderungen von zollpolitischer Maßnahme in den USA vorgenommen. Diese beinhalteten zum Beispiel den Schutz von Produktionssektoren mit relativ hoher Arbeitsintensität[7][8].

Einzelnachweise

  1. Leontief, Wassily (1954) Domestic Production and Foreign Trade - The American Capital Position Reexamined, Economia Internazionale, (VII): S. 1
  2. Borchert, Manfred (1975) Das Leontief-Paradoxon, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 4.Jg., (Heft 6): S.295
  3. International Trade - Evolution in the Thought and Analysis of Wassily Leontief (Abgerufen: 8. April 2008, 11:47 MEZ)
  4. International Trade - Evolution in the Thought and Analysis of Wassily Leontief (Abgerufen: 8. April 2008, 11:47 MEZ)
  5. Borchert, Manfred (1975) Das Leontief-Paradoxon, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 4.Jg., (Heft 6): S.295
  6. Borchert, Manfred (1975) Das Leontief-Paradoxon, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 4.Jg., (Heft 6): S.296
  7. International Trade - Evolution in the Thought and Analysis of Wassily Leontief (Abgerufen: 8. April 2008, 11:47 MEZ)
  8. Borchert, Manfred (1975) Das Leontief-Paradoxon, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 4.Jg., (Heft 6): S.297-298

Literatur

  • Borchert, Manfred (1968) Bemerkungen zur empirischen Analyse des Leontief-Paradoxons, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 4(124), Heft 3: 430ff
  • Borchert, Manfred (1975) Das Leontief-Paradoxon, Wirtschaftliches Studium, 4.Jg., Heft 6: 295-298
  • Leontief, Wassily (1954) Domestic Production and Foreign Trade - The American Capital Position Reexamined, Economia Internazionale,(VII): 1ff

Weblinks