Finanzmarktaufsicht

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Finanzmarktaufsicht oder Finanzdienstleistungsaufsicht bezeichnet die staatliche Kontrolle und Aufsicht über die Teilnehmer am Finanzmarkt, die im öffentlichen, nicht im privaten Interesse stehen.Je nach Land gibt es entweder eine zentrale Behörde („Allfinanzaufsicht“) oder mehrere Behörden für die verschiedenen Bereiche des Finanzmarktes (Bankenaufsicht, Börsenaufsicht, Versicherungsaufsicht…).

Geschichte

Eine staatliche und umfassende Aufsicht über alle Banken war die Folge der Bankkrise von 1931. Als Grundstein dieser einheitlichen staatlichen Aufsicht wurden zahlreiche Notverordnungen erlassen, die zur Stabilisierung im Finanzsektor führen sollten. Später wurde das Kreditwesengesetz (KWG) eingebracht, mit dem eine allgemeine kodifizierte Bankenaufsicht begonnen hat, deren Grundprinzipien teilweise bis heute eingehalten werden. Verantwortlich für die Aufsicht war das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred). Darüber hinaus entsteht die Versicherungsaufsicht mit dem am 1. Januar 1902 in Kraft getretenen Reichsgesetz, mit dem auch das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung geschaffen wurde. Nach der durch den Ersten Weltkrieg Unterbrechung der Weiterentwicklung der Versicherungsaufsicht wird die Behörde „Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung“ und später „Reichsaufsicht für Versicherungswesen“ benannt. Nachdem die einheitliche Aufsicht mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zusammengebrochen ist, wird das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Banksparwesen errichtet. Die jüngste Aufsichtszweig in Deutschland, nämlich die Wertpapieraufsicht, entsteht mit dem im Jahre 1994 verabschiedete Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz, dessen Ziel die Sicherung der Funktionsfähigkeit und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes war. Demzufolge wurde 1995 das Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel (BAWe) gegründet, das auf das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) basierte. Als Aufgabe hatte die Behörde die Sicherung der Integrität und Transparenz des Kapitalmarktes. Schließlich wurden im Jahre 2002 die drei Aufsichtsbehörden verbunden und daraus die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gebildet.[1]

Organisation

Die Verfolgung der Ansatz einer Allfinanzaufsicht wird nicht in jedem Land durchgeführt.Teilweise ist die Aufsichtsbehörde auch bei der jeweiligen Zentralbank angesiedelt.Davon ausgehend ist die Allfinanzaufsicht die Zusammenlegung der Aufsicht von Banken, Versicherungen und [Wertpapierhandel und - dienstleistung in einer Finanzaufsichtsbehörde.Als Beispiel für so eine integrierte Aufsichtsbehörde sind die skandinavischen Länder und Singapur, in denen schon seit vielen Jahren diese Behörde gegründet wurde.Die Einführung einer solchen Praxis wurde auch später in anderen Ländern nachgefolgt,wie in Großbritannien seit 1985,Deutschland und Österreich seit 2002, Liechtenstein seit 2005,in der Schweiz seit 2009 etc.[2] Darüber hinaus besteht die Behörde aus verschiedenen Organe, die die Aufsicht führen.Hinsichtlich der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wird die Behörde durch verschiedene Gremien unterstützt, kontrolliert oder beraten.Als Beispiel dafür ist der Verwaltungsrat, der die Geschäftsführung überwacht.Weiterhin übernehmen die verschiedenen Beiräten (Fachbeirat, Versicherungsbeirat, Wertpapierbeirat und Übernahmebeirat) hauptsächlich beratende Funktionen.Das Forum für Finanzmarktaufsicht ist zuständig für die Koordinierung der Zusammenarbeit der BaFin mit der Deutschen Bundesbank bei der Bankenaufsicht oder hilft ihr beratend bei der Allfinanzaufsicht.[1]

Aufgaben und Instrumente

Risiko- und Finanzmarktanalysen Hier ist es besonderes die Beschäftigung mit Finanzmarktfragen, Immobilienrisiken und Bilanzierung von Banken und Versicherungen.Durch Beobachtung und Analyse der Entwicklungen auf den nationalen und internationalen Finanzmärkten können aktuelle Entwicklungen zeitnah in die Aufsichtspraxis unternommen werden.

Verbraucher- und Anlegerschutz Konkrete Anfragen und Beschwerden zu Banken, Finanzdienstleistern und Versicherungen werden bearbeitet.Dadurch kann das Verhalten des Unternehmens gegenüber seinen Kunden geprüft werden und eventuelle Schwachstellen in der Organisation gefunden werden. Davon ausgehend ist man auch für die Zertifizierung der Altersvorsorgeverträge und die bestehenden Sicherungseinrichtungen (Einalgesicherungs- und Entschädigungseinrichtungen) hier zuständig.

Integrität des Finanzsystems Durch weitreichende Ermittlungs- und Eingriffskompetenzen der Bundesanstalt wird die Einhaltung des Verbots überwacht, ob Bank-, Finanzdienstleistungs- und Versicherungsgeschäfte mit staatlicher Erlaubnis betrieben werden.Diese Überwachung erfolgt mit Hilfe der umfassenden Auskunfts- und Vorlagepflichten der Unternehmen, der vor Ort ohne Vorankündigung Prüfung des Unternehmens, der ohne richterliche Anordnung möglichen Durchsuchung der Geschäftsräume und Sicherstellung des Beweismaterials.

Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Verhinderung der Transaktionen mit kriminellen Hintergrund wie z.B. Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und der Beitrag zur Aufdeckung und Bekämpfung dieser gehört zur ordnungsgemäßen Geschäftspolitik aller Unternehmen im Finanzsektor.Da diese kriminellen Vorgänge zur Bedrohung der Solidität eines missbrauchten Instituts führen und gefährlich für die Integrität und Stabilität des gesamten Finanzplatzes sein können, wurde schon 1991 die erste EG-Geldwäscherichtlinie nicht nur an Kreditinstitute, sondern auch an Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungen gerichtet.Später wird die Anwendungsbereich auf andere Berufsgruppen erweitert.Dies ist als Folge der vom Jahr 2001 Zweiten und vom Jahr 2005 Dritten Geldwäscherichtlinien.Dabei wird auf risikoorientierter Basis Transparenz in den Geschäftsbeziehungen und Finanztransaktionen gezielt.[1]

Zusammenarbeit der BaFin mit der Deutschen Bundesbank Ihre gemeinsame Arbeit besteht vor allem darin, die Institute zu überwachen.Diese laufende Überwachung beinhaltet sowohl die Auswertung der Unterlagen, die von den Institutionen eingerichtet wurden, als auch der Prüfungsbereiche nach §26 KWG und der Jahresabschlussunterlagen.Dazu zählen auch die Durchführung und Auswertung der bankgeschäftlichen Prüfungen zur Beurteilung der angemessenen Eigenkapitalausstattung und Risikosteuerungsverfahren]] der Institute und das Bewerten von Prüfungsfeststellungen.Da die Deutsche Bundesbank mit der Hauptverwaltung über den notwendigen Unterbau verfügt, ist sie vor Ort handlungsfähig und hat aber die Richtlinien der BaFin zu behalten.[3]

Institutionelle Struktur der Finanzmarktaufsicht in Bezug auf Europa

In Europa gibt es keine Europäische Finanzmarktagentur,die allein die Finanzmarktaufsicht übernimmt,sondern jeder Mitgliedstaat hat die Verantwortung für die Überwachung seines eigenen Marktes und seine eigene Regulierungsphilosophie.Davon ausgehend kann die Finanzmarktaufsicht in Europa als ein Netzwerk verschiedener Organisationen, formellen und informellen Zusammenkünfte auf nationaler und europäischer Ebene bezeichnet werden.Man kann bei einem solchen kompliziert strukturierten System zu Schwierigkeiten in Bezug auf Verantwortlichkeit, Entscheidungstransperenz, Haftungsfragen und rechtliche Kategorisierung der Rechtsakte kommen.Die Tatsache,dass nicht alle Staaten Mitglieder der Europäischen Union sind,trägt zur Variation in der Intensität und Kompetenz der Regulierung der Finanzmärkte bei.Die Finanzmarktaufsicht führen grundsätzlich die Mitgliedstaaten,die die Pflicht zur Koordinierung ihrer Politik hinsichtlich des Ziels der Schaffung eines gemeinsamen Marktes haben und die von den unabhängig von der Struktur der mitgliedstaatlichen Finanzaufsicht EG-Organisationen unterstützt werden.[4]

Koordinierung der Finanzmarktaufsicht in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Um sowohl ein gemeinsamer Finanzmarkt, als auch eine einheitliche Geld- und Währungspolitik verwirklicht zu werden, basiert die Finanzmarktaufsicht auf den Prinzipien der Stabilität, Minimalharmonisierung,Wettbewerb der Rechtsordnungen, nationalstaatlichen Kontrolle und gegenseitigen Anerkennung.Diese Prinzipien sind aber vielmehr eine Voraussetzung zum Fernziel der Marktintegration.Gerade in diesem Zusammenhang wurde im Jahr 2000 ein Komitee der Weisen Männer mit Vorsitzender Baron Dr. Alexander Lamfalussy gegründet,das als Aufgabe die Untersuchung verschiedener Ansätze zur Steuerung der Regulierungspraxis und -kooperation zwischen den Regulierungsbehörden hatte. Mit dem so genannten „Lamfalussy-Verfahren“,das ursprünglich im Wertpapierhandel aber dann auch in allen Bereichen der Finanzmarktaufsicht angewendet wurde,will die Kommission das Verfahren zwischen den nationalen Überwachungsbehörden und dem europäischen Gesetzgeber koordinieren.Die anderen Organisationen,die Pflicht zu Finanzmarktüberwachung haben, wie die Europäische Zentralbank(EZB) und das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) bleiben aber unberührt. Die Kommission spielte die Rolle eines Rahmengesetzgebers und eines ausführenden und überwachenden Organs,indem die vom Rat und seinen entsprechenden Komitees unterstützt wird. Die Hauptaufgabe des ESZB besteht darin, Gewährleistung von Preisstabilität zu schaffen oder anders gesagt,es übernimmt die Kontrolle der Inflation.Damit wird die Verpflichtung des ESZB zur Finanzmarktaufsicht nur auf die Staaten beschränkt, die Mitglieder der Eurozone sind. Die EZB als Mitglied des ESZB hat aber die Handlungen des ESZB auszuführen, demzufolge wird die Aufgabe des ESZB zur Unterstützung der Finanzmarktaufsicht von Kreditinstituten und der Stabilität des Finanzmarktsystems auch auf die EZB übertragen.Die Aufsichtsfunktionen der EZB bleiben aber auch wie beim ESZB unbeschränkt in den Mitgliedstaaten der Eurozone.Darüber hinaus darf die EZB an der Finanzmarktüberwachung der Mitgliedstaaten,die den Euro sowohl als Zahlungsmittel, als auch als nicht Zahlungsmittel nutzen, nur beratend teilnehmen.Die jenigen Mitglieder,die den Euro nicht als Währung haben,bleiben aber vom ESZB unberührt.[4]

Internationalisierung

Abkommen und Institutionen

Seit langer Zeit gibt es viele global tätige Finanzmarktakteure. Obwohl es keinen weltweit verbindlichen Rahmen gibt,entwickeln sich die Märkte über die Grenzen hinweg. Wie es schon erwähnt wurde, gibt es innerhalb der EU mit Hilfe des Lamfalussy – Verfahrens verbindliche Regeln,die die Beaufsichtigten einhalten müssen.Auf globaler Ebene gibt es aber kein vergleichbares Rechtssystem.Demzufolge haben sich verschiedene Gremien und Kooperationen entwickelt, um das Bedürfnis nach internationaler Harmonisierung und nach einem verlässlichen Rechtsrahmen zu befriedigen. Als Beispiel sind Memoranda of Understanding (MoU) , die zur Schaffung vom rechtlichen Rahmen für eine effiziente Heimatlandaufsicht über grenzüberschreitend tätige Unternehmen bringen.Weiterhin nimmt die BaFin an vielen internationalen Gremien teil und bringt zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Finanzmarktes, zur Gestaltung weltweiter Aufsichtsstandards bei und vertritt die Interesse des Finanzplatzes Deutschland.Dabei sind als Beispiele die sektorspezifischen Gremien auf europäischer Ebene wie Committee of European Banking Supervisors (CEBS), Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors (CEIOPS) und Committee of European Securities Regulators (CESR) sowie auf internationaler Ebene International Association of Insurance Supervisors (IAIS), International Organization of Securities Commissions (IOSCO) und natürlich nicht zuletzt der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht.[1] Eine wesentliche Rolle spielte dabei die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich mit dem Basel Committee on Banking Supervision (Basler Komitee für Bankenaufsicht) und dem Financial Stability Institute (FSI). Ein wichtiges Resultat dieser Bestrebungen ist das Basel II genannte Regelwerk Rahmenvereinbarung "Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen".[5] Eine Liste von staatlichen Aufsichtsinstitutionen findet sich unter Liste von Finanzaufsichtsbehörden.

Koordinierung im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht

Als das wichtigste internationale Gremium zur Koordinierung der Aufsichtsstandards im Bankensektor hat die Basler Komitee das Ziel, wirksame Aufsichtsstandards zu erarbeiten, die eine vollständige und angemessene Überwachung der international tätigen Banken ermöglichen.Im Mittelpunkt der Standards steht die Festlegung von Egenkapitalanforderungen der Banken.Durch die Kontakte aller Staaten strebt der Basler Ausschuss nach einer Durchsetzung von universellen Standrds. Die Einführung der neuen Basler Eigenkapitalakkord (Basel II) zielt die Aufstellung präzisere Anforderungen, die dem individuellen Risiko angepasst werden.Als Voraussetzungen dafür sind sowohl die Zulassung interner Risikomethoden als auch die weitreichende Anerkennung privatrechtlicher Sicherungsinstrumente wie bestimmte Kreditsicherheiten, Nettingvereinbarungen oder Kreditderivate und Risikotransfervereinbarungen wie Securisation. Nach Basel II wird die Aufsicht der Banken in drei Säulen geteilt (Drei-Säulen-Modell).Die erste Säule umfasst die verfeinerte Eigenkapitalanforderungen,die von zwingenden gesetzlichen Vorgaben und internem Risikomanagement durchgesetzt wird.Die zweite Säule beschäftigt sich mit der Beaufsichtigung durch die nationalen Aufsichtsbehörden,die die staatliche Einhaltung der Eigenkapitalanforderungen überwachen und geeignete Verfahren und Techniken des Risikomanagements entwickeln.Schließlich sorgen die weitreichende Publizitätspflichten der Banken in der dritten Säule für Transparenz auf den Kapitalmärkten.[6]

Literatur

  • Veröffentlichungen des Financial Stability Institute der Internationalen Bank für Zahlungsausgleich
  • Veröffentlichen des Committee on the Global Financial System
  • Stefan Schüder: Wieviel Kontrolle braucht der internationale Finanzmarkt? Optimus Verlag, Göttingen, September 2009, ISBN 978-3-941274-21-1
  • Jürgen Keßler,Hans-W. Micklitz,Norbert Reich (Hrsg.):Institutionelle Finanzmarktaufsicht und Verbraucherschutz : eine vergleichende Untersuchung der Regelungssysteme in Deutschland, Italien, Schweden, dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Gemeinschaft,Verlag:Namos,2010,ISBN: 978-3-8329-5441-3
  • Peter Derleder ... (Hrsg.):Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht,Springer, 2009,ISBN:978-3-540-76644-5
  • Jens Rosenbaum:Der politische Einfluss von Rating-Agenturen,VS Verl. für Sozialwiss., ISBN:978-3-531-16491-5


Einzelnachweis

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 [1]www.bafin.de, abgerufen am 6.12.2010
  2. Guillermo de la Dehesa:FINANCIAL STABILITY AND OPTIMAL SUPERVISION IN THE EU 15,June 2007.Briefing Paper to the Committee on Economic and Monetary Affairs of the European Parliament Monetary Dialogue,S.1.www.europarl.europa.eu, abgerufen am 5.12.2010
  3. Peter Derleder ... (Hrsg.):Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht,Springer, 2009,S.1937
  4. 4,0 4,1 Jürgen Keßler,Hans-W. Micklitz,Norbert Reich (Hrsg.):Institutionelle Finanzmarktaufsicht und Verbraucherschutz : eine vergleichende Untersuchung der Regelungssysteme in Deutschland, Italien, Schweden, dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Gemeinschaft,Verlag:Namos,2010,S.176-189
  5. deutscher Text: http://www.bis.org/publ/bcbs128ger.pdf
  6. Peter Derleder ... (Hrsg.):Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht,Springer, 2009,S.2245-2246

Siehe auch

  • Grauer Kapitalmarkt
  • Phönix-Skandal
  • BAWAG-Affäre
  • European System of Financial Supervision

Weblinks

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