Faktorpreisausgleichstheorem

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Definition

Das Faktorpreisausgleichstheorem (Lerner-Samuelson-Theorem) besagt, dass der Handel zwischen zwei Ländern zu einer Anpassung der relativen und absoluten Faktorpreise von Arbeit und Kapital im Inland an die relativen und absoluten Faktorpreise des Auslands führt.

Historie

Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die Geschichte des Theorems gegeben.

  • Eine erste vage Formulierung des Theorems erfolgte 1919 durch Eli Heckscher, der sich in seiner Arbeit mit dem Einfluss des Handels auf die Faktorpreise befasste.[1]
  • Ohlin hat 1933 Heckschers Theorie mit der der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie verbunden.[2]
  • Eine erste präzise Formulierung gelang Lerner 1933.[3]
  • „Die eigentliche Geschichte des Theorems beginnt mit Paul Samuelsons Wiederentdeckung des Lernerschen Theorems im Jahr 1948“.[4]
  • Allgemeine Formulierung des traditionellen Ansatzes durch McKenzie 1955.[5]
  • Der Wohlfahrtstheoretische Ansatz von Uzawa 1959.[6]
  • Wiederentdeckung durch Dixit & Norman 1980.[7]

Alternative Definitionen

Das Faktorpreisausgleichstheorem wurde in seiner geschichtlichen Entwicklung von einer Vielzahl von Ökonomen aufgegriffen und weiterentwickelt. Es gibt daher keine alternativen Definitionen für dieses Theorem. Jedoch kann man seine Entwicklung sehr gut nachvollziehen: von Argumentationen in Bezug auf den 2*2 Fall (2 Güter und 2 Faktoren) über Erklärungen des 2*2*2 Falls (2 Güter, 2 Faktoren und 2 Länder) bis hin zum n*m*l Fall (n Güter, m Faktoren und l Länder).

Einordnung und Bedeutung

„Das Faktorpreisausgleichstheorem ist eine Weiterentwicklung des Heckscher-Ohlin-Theorems[8]. In der Volkswirtschaftslehre ist es in der internationalen Wirtschaft einzuordnen.

Ein kapitalreiches Land exportiert kapitalintensive Güter und importiert arbeitsintensive Güter. Demnach wird die Produktion von kapitalintensiven Gütern steigen und die von arbeitsintensiven sinken. Im Zuge der steigenden Produktion von kapitalintensiven Gütern erhöht sich die Nachfrage nach Kapital, um die Produktion weiterhin zu gewährleisten. Die erhöhte Kapitalnachfrage führt zu einem Anstieg der Zinsen. Der Zinssatz ist der Preis des Kapitals. Steigt also die Nachfrage nach Kapital, steigt auch dessen Preis. Da die Produktion von arbeitsintensiven Gütern aufgrund der Importmöglichkeit sinkt, schrumpft die Arbeitsnachfrage und demzufolge sinken die Löhne.

Umgekehrtes gilt für ein arbeitsreiches Land. Es exportiert arbeitsintensive Güter und importiert kapitalintensive Güter. Die Produktion von arbeitsintensiven Gütern wird hochgefahren, die der kapitalintensiven Güter wird reduziert. Durch die erhöhte Produktion der arbeitsintensiven Güter wächst die Nachfrage nach Arbeit. Die Folge daraus sind steigende Löhne. Die sinkende Produktion von kapitalintensiven Gütern aufgrund der Importmöglichkeit führt zu einem Rückgang der Kapitalnachfrage. Daraufhin sinken die Zinsen.


„Dem Modell liegen 3 Annahmen zu Grunde:

1. Beide Länder müssen beide Güter produzieren.

2. Beide Länder müssen auf dem gleichen technologischen Stand sein.

3. Der Außenhandel muss tatsächlich einen Ausgleich der Güterpreise in beiden Ländern herbeiführen“[9]

Modellbeispiel

„In der Realität werden die Faktorpreise nicht ausgeglichen“[10]. Dies ist darin begründet, dass die oben genannten 3 Modellannahmen in der Realität nicht zutreffen.

Aber um das Faktorpreisausgleichstheorem verständlicher darzustellen, wird an dieser Stelle ein fiktives und modelltheoretisches Beispiel angeführt.


Es gelten folgende Annahmen:

1. Es existieren genau 2 Länder. Deutschland und Spanien.

2. Beide Länder produzieren genau 2 Güter. PKW und Orangen.

3. Beide Länder sind technologisch auf demselben Stand.

4. Deutschland ist ein kapitalreiches Land, während Spanien ein arbeitsreiches Land ist.

5. Es herrscht Freihandel ohne Transportkosten oder sonstige Einschränkungen.


Jetzt stellt sich die Frage, wieso sich die Faktorpreise beider Länder ausgleichen sollten.

Deutschland besitzt in der PKW-Produktion einen komparativen Vorteil gegenüber Spanien, während Spanien einen komparativen Vorteil beim Anbau von Orangen besitzt.

Man kann hier Deutschland als Hochlohnland und Spanien als Niedriglohnland bezeichnen.

Deutschland produziert also die kapitalintensiven PKW und exportiert sie nach Spanien. Somit wird auch der Faktor Kapital indirekt exportiert. Dies führt in Deutschland zu einer erhöhten Nachfrage nach Kapital, was wiederum steigende Zinsen zur Folge hat. Da Deutschland die arbeitsintensiven Orangen aus Spanien importiert und sie nicht selbst herstellt, sinkt die Arbeitsnachfrage und somit auch die Löhne. Diese passen sich nun an die niedrigeren Löhne in Spanien an.

Spanien wird die im eigenen Land angebauten arbeitsintensiven Orangen nach Deutschland exportieren. Der Faktor Arbeit wird somit indirekt nach Deutschland exportiert. Dies führt in Spanien zu einer erhöhten Nachfrage nach Arbeit, was wiederum steigende Löhne zur Folge hat. Diese Löhne passen sich nun an die höheren Löhne Deutschlands an. Weil Spanien die kapitalintensiven PKW aus Deutschland importiert und sie nicht selbst produziert, sinkt die Kapitalnachfrage und somit auch die Zinsen.


Folglich kommt es im Modell zu einem völligen Ausgleich der Faktorpreise beider Länder.


Zusammenfassung

Deutschland Spanien
reich an Kapital reich an Arbeit
Export kapitalintensiver Güter Export arbeitsintensiver Güter
Import arbeitsintensiver Güter Import kapitalintensiver Güter
kapitalintensive Produktion steigt arbeitsintensive Produktion steigt
arbeitsintensive Produktion fällt kapitalintensive Produktion fällt
Kapitalnachfrage steigt, Zinsen steigen Arbeitsnachfrage steigt, Löhne steigen
Arbeitsnachfrage fällt, Löhne fallen Kapitalnachfrage fällt, Zinsen fallen
Relativer und absoluter Ausgleich der Faktorpreise

Quellen

Literatur

  • Albert Max: Das Faktorpreisausgleichstheorem, Mohr Siebeck, Tübingen 1994
  • Gabler Verlag: Gablers Witschaftslexikon, 16. Auflage, Wiesbaden 2004
  • Krugman Paul R., Obstfeld Maurice: Internationale Wirtschaft, Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 7. Auflage, München 2006
  • Krugman Paul R., Obstfeld Maurice: Internationale Wirtschaft, Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 6. Auflage

Einzelnachweise

  1. Vgl. Albert Max: Das Faktorpreisausgleichstheorem S.78,Mohr Siebeck, Tübingen 1994
  2. Vgl. Albert Max: Das Faktorpreisausgleichstheorem S.85, Mohr Siebeck, Tübingen 1994
  3. Vgl. Albert Max: Das Faktorpreisausgleichstheorem S.95, Mohr Siebeck, Tübingen 1994
  4. Albert Max: Das Faktorpreisausgleichstheorem S.4, Mohr Siebeck, Tübingen 1994
  5. Vgl. Albert Max: Das Faktorpreisausgleichstheorem S.125, Mohr Siebeck, Tübingen 1994
  6. Vgl. Albert Max: Das Faktorpreisausgleichstheorem S.155, Mohr Siebeck, Tübingen 1994
  7. Vgl. Albert Max: Das Faktorpreisausgleichstheorem S.177, Mohr Siebeck, Tübingen 1994
  8. Krugman Paul R., Obstfeld Maurice: Internationale Wirtschaft, Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 7. Auflage Seite 105 3. Absatz
  9. Krugman, Auflage 6 ``Theorie und Politik der Außenwirtschaft`` S. 106-122
  10. Krugman Paul R., Obstfeld Maurice: Internationale Wirtschaft, Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 7. Auflage Seite 105 3. Absatz


Weblinks

http://bs.fh-coburg.de/bs~n/content/010320/Arbeitsbl%E4tter%20Au%DFenwirtschaft/Freihandel%20-%20Faktorpreisausgleichstheorem.pdf