Bankenunion

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Die Bankenunion ist eine wesentliche Ergänzung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie des Binnenmarktes. Ziel der Bankenunion ist es, die Banken im gesamten Euro-Währungsgebiet zu beaufsichtigen, wenn nötig abzuwickeln und deren Finanzierung zu verantworten, dazu werden die Banken gezwungen sich an dieselben Regeln zu halten. Die Regeln dienen dazu, dass Banken nur mäßige Risiken eingehen und selbst für gemachte Fehler und Verluste aufkommen müssen. Gegebenenfalls werden die insolventen Banken von dem Abwicklungsmechanismus der Bankenunion abgewickelt, so dass die Kosten für den Steuerzahler dabei so gering wie möglich gehalten werden.

Was ist die Bankenunion?

Entstehungsgeschichte

Die weltweite Finanzkrise 2008 stellte auch den Euroraum vor besondere Herausforderungen. Denn mit der Einführung des Euro am 02. Januar 2002 in 12 EU-Mitgliedstaaten wurde der Bankensektor innerhalb der Eurozone stark vorangetrieben. Länder mit einem starken wirtschaftspolitischen Wachstum, wie Spanien oder Italien, liehen sich Geld bei deutschen und französischen Banken, um dem Fortschritt der Eurozone standzuhalten. Mithilfe der finanziellen Unterstützung schafften es die schwächeren Länder ihr Wirtschaft anzukurbeln, andererseits brachten sich diese Länder damit in eine finanzielle Abhängigkeit von Deutschland und Frankreich. Mit der weltweiten Finanzkrise 2008 stoppt dann der Geldfluss, da unsicher war, ob die Risikoländer in der Lage waren ihren eignen Banksektor zu stützen. Dieser Vertrauensverlust zwischen den Banken schadete europaweit der Wirtschaft und führte zu einer Zuspitzung der Wechselwirkung zwischen den Banken und Staatsfinanzierung. Dieser Staaten-Banken-Nexus wirkte sich in zwei Richtungen aus. Zum einen versuchten die Regierungen während der Krise den Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern. Dazu unterstützten die einzelnen Staaten ihren Banksektor mit Krediten und Bürgschaften, sogenannten Bail-out. Manche Länder überschätzten ihre finanziellen Möglichkeiten für die Durchführung solcher Rettungsmaßnahmen und aus der Bankenkrise wurde eine Staatsverschuldung. Ein Beispiel hierfür, stellt das Land Irland da, welches teilweise noch heute mit den Folgen zu kämpfen hat. Zum anderen litten einige Banken darunter, dass ihr eigener Staat zu schwach war, um sie zu finanzieren. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Banken einen Großteil der Staatsanleihen selbst hielten.

Dem Euroraum fehlten zunächst die passenden Instrumente, um die Bankenkrise grenzübergreifend einzudämmen. Durch die Schaffung einer gemeinsamen Aufsicht und einheitlichen Regelung für Bankenpleiten in Form eines europäischen Abwicklungsmechanismus für Banken, könnte die Wechselwirkung im Euroraum wieder abgeschwächt werden.

Entstehung der Bankenunion

Die erste Idee zur europäischen Bankenunion entwarf der Präsident des Europäischen Rates in enger Zusammenarbeit mit den Präsidenten der Europäischen Kommission, der europäischen Zentralbank (ff. EZB) und der Euro-Gruppe, im Dezember 2012. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein genau detaillierter Fahrplan zur Erreichung einer echten Wirtschafts- und Währungsunion (ff. WWU) entwickelt. Damit kann dieser Zeitpunkt als Geburtsstunde der europäischen Bankenunion bezeichnet werden, da die Schaffung eines stärker integrierten Finanzrahmens ein wesentlicher Schwerpunkt des Fahrplans war. In März 2013 erzielte das Parlament und der Rat eine politische Einigung über die Errichtung des ersten Pfeilers der Bankenunion. Den ersten Pfeiler der Bankenunion beschreit der einheitliche Bankenaufsichtsmechanismus. Dieser ist für die Überwachung der größten und wichtigsten Banken im Euro-Währungsgebiet, sprich unmittelbar auf europäischer Ebene, unter dem Dach der EZB, zuständig. Damit wurden die größten und bedeutendsten Banken unter die Aufsicht der EZB gestellt. Alle anderen Banken werden von der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde überwacht. Die nationalen Aufsichtsbehörden sind meist wiederrum der EZB untergeordnet. Mit der Errichtung des ersten Pfeilers der Bankenunion, wurde ein wichtiger Schritt getan, um den Staaten-Banken-Nexus abzuschwächen. Banken waren damit nicht mehr auf sich allein gestellt, sondern haben die EZB als allgemeines Aufsichtsorgan über sich stehen, welche alle Maßnahmen überwacht und kontrolliert.

Im März 2014 stellte das Parlament und der Rate einen zweiten Pfeiler der europäischen Bankenunion auf. Der zweite Pfeiler beinhaltet den Bankenabwicklungsmechanismus. Dieser soll in erster Linie dafür sorgen, dass Bankenausfällen in der Bankenunion so effizient wie möglich ablaufen. Seit 2016 gelten hierzu auch einheitliche Regeln und Mechanismen, welche in dem Fall einer Bankenpleite angewendet werden. Zunächst entscheidet der europäische Ausschuss für einheitliche Abwicklung darüber, ob und wie einer notleidenden Bank geholfen werden kann. Eine Möglichkeit der Unterstützung ist die Hilfe aus dem Fond. Die Bankenabwicklungsmechanismus beinhaltet einen Abwicklungsfond, in welchen alle Banken der Bankenunion einzahlen, um in einer Notlage davon zu profitieren. Wird einer Bank mit Geldern aus dem Fond in einer Pleitesituation geholfen, müssen die Gläubiger einen Teil der Verluste selbst tragen. Dadurch sollen Steuerzahler vor unkalkulierbaren Kosten einer Bankenkrise geschützt werden.

Stagnation der Entwicklung der Bankenunion

Der oben angesprochene freiwillige Einlagensicherungsfond, soll ein panisches Räumen der Konten durch die Kunden, während einer Bankenkrise, verhindern. Die Ersparnisse der Kunden sollen durch den Einlagensicherungsfond geschützt werden, indem der Staat den Kunden die Rückzahlung garantiert. In der EU sind Spareinlagen bis 100.000 Euro geschützt, welche dem Kunden im Ernstfall ausgezahlt werden und somit der notleidenden Bank geholfen wird. Da aktuell noch kein europäischen Einlagensicherungsfond beschlossen wurde, muss im Ernstfall aus nationalen Fonds Unterstützung geleistet werden. Was jedoch voraussetzt, dass der eigene Staat finanzkräftig genug ist, um einer notleidenden Bank auszuhelfen. An genau diesem Punkt stagniert das große Anliegen der Vollendung der Bankenunion. Deutsche Banken befürchten in einen Fond einzahlen zu müssen, von welchem sie möglicherweise nie profitieren werden. Dies ist auf einer Seite gut, da sich diese Banken in Sicherheit wiegen, höchst unwahrscheinlich einmal in Not zugeraten und abgewickelt zu werden. Aus diesem Grund wollen diese Banken auch nicht ihr Geld in einen Fond investieren, wenn sie ihren Nutzen für so unwahrscheinlich halten. Finanzschwächeren Nationen käme ein solcher Fond zugute, da hier die Wahrscheinlichkeit einer Bankenpleite tendenziell höher ist als bei finanzstärkeren Nationen, welche einen guten nationalen Fond als Unterstützung vorzeigen können. Diese würden ein Einlagensicherungsfond der europäischen Bankenunion befürworten. An dieser Stelle kommen die unterschiedlichen Sichtweisen der EU-Länder zum Ausdruck und es wird klar, dass an diesem Punkt Uneinigkeit herrscht. Da es hierfür noch keine klare Einigung gibt, kam es bis heute nicht zu einer Vollendung der europäischen Bankenunion.

Rechtsakte der Bankenunion

SSM

Der einheitliche Aufsichtsmechanismus, welcher alle Banken im Euro-Währungsgebiet überwacht. Diese Funktion wird der EZB zugeschrieben, welche alle großen und bedeutenden Banken überwacht. Genaue Beschreibung siehe 1.2, hier wird der SSM genauer als der erste Pfeiler der europäischen Bankenunion beschrieben.

SRM

SRM beschreibt den Bankenabwicklungsmechanismus und damit den zweiten Pfeiler der europäischen Bankenunion. Dieser ist dafür zuständig, dass notleidende Banken möglichst effizient abgewickelt werden, so dass für den Steuerzahler die Kosten so minimal wie möglich gelhalten werden. Ist ein Eingriff trotz der vorgegebenen Regel notwendig, übernimmt dies eine zentrale Behörde - der Ausschuss für einheitliche Abwicklung (SRB). Diese übernimmt die Verantwortung für die Entscheidet eine notleidende Bank abzuwickeln. Die Entscheidungen während der Abwicklung werden dann gemeinsam mit der nationalen Abwicklungsbehörde umgesetzt. Den SRB gibt es seit Januar 2015, als unabhängige Einrichtung in der EU.

SRF

SRF ist die Abkürzung für den einheitlichen Abwicklungsfond. Mit den bisherigen Regelungen wird bezweckt, dass eine Abwicklung zunächst von der betreffenden Bank und ihren Anteilseignern und falls notwendig, teilweise auch von den Gläubigern der Bank finanziert wird. Durch den SRF steht eine weitere Finanzquelle zur Verfügung, welche in Anspruch genommen werden kann, sobald das Geld der Gläubiger und Anteilseigner nicht mehr ausreichen. Und so funktioniert der Fond: Wenn die angestrebte Mittelausstattung des SRF erreicht ist, wird die Bank ca. 55 Mrd. EUR enthalten, was etwa 1 % der abgedeckten Einlagen im Euro-Währungsgebiet entspricht. Die Beiträge zum SRF werden von den Banken über einen Zeitraum von acht Jahren eingezahlt. Das Hindernis dieser Maßnahme wurde bereits unter dem Punkt 1.3 näher erläutert.

BRRD

Die Vorschriften zur Lasteneinteilung bei Bankenabwicklungen sind in der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (BRRD) festgelegt. Diese wurden bereits 2014 vom Parlament beschlossen. Die Richtlinie sieht verschiedenen Möglichkeiten vor, wie Banken abgewickelt werden können, ohne den Steuerzahler zu belasten. Darin ist ebenso bestimmt, dass in erster Linie die Anteilseigner und Gläubiger die Verluste, einer notleidenden Bank zutragen haben und erst wenn diese Mittel nicht mehr ausreiche auf staatliche Mittel zurückgegriffen werden darf.

CRD/CRR

Durch die festgelegte Mindestkapitalanforderung an Banken, sollte bezweckt werden, dass sie sicher und selbstständig arbeiten können sowie allein mit operativen Verlusten umgehen können. Während der Finanzkrise 2008 wurde allerdings deutlich, dass die festgelegte Mindestkapitalanforderung nicht ausreichend ist. Aus diesem Grund, wurde unter internationalen Beschluss, die Mindestschwelle erhöht. April 2013 hat das Parlament zwei Rechtsakte angenommen, zum einen die vierte Eigenkapitalrichtlinie (CRD) und zum anderen die Eigenkapitalverordnung (CRR). Die CRD und die CRR sind am 1. Januar 2014 in Kraft getreten.

Durch Regelungen wie diese wird die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt für alle Banken gestärkt.

EDIS

Am 24. November 2015 legte die Kommission einen Legislativvorschlag vor. Damit sollte die Bankenunion um ein europäisches Einlagensicherungssystem (EDIS) erweitert werden. Dieser Vorschlag, basierte auf dem bereits vorhandenen Einlagensicherungssystem, welches mit dem EDIS erweitert werden sollte. Das Konzept des EDIS wurde kostenneutral für den Bankensektor entwickelt.

Rolle des europäischen Parlaments

In den obenstehenden Ausführungen zur Erläuterung der europäischen Bankenunion, wird des Öfteren das europäische Parlament genannt. Das europäische Parlament entwickelte den Fahrplan zur echten Wirtschafts- und Währungsunion mit, wirkte bei der Annahme der Rechtakte von SSM, SRM, DGS, BRRD und CRD mit und spielte eine maßgebende Rolle zur Schaffung einer echten Bankenunion.

Durch das vielseitige Mitwirken erhält das europäische Parlament eine Kontrollfunktion über die geschaffenen Rechtsakte. Die EZB ist mit ihrer Rolle als Aufsichtsorgan, nicht nur zur Überwachung der Banken befugt (innerhalb der SSM), sondern dem Parlament und dem Rat gegenüber rechenschaftspflichtig. Das gleiche wie für die EZB gilt ebenso für den Ausschuss der einheitlichen Abwicklung. Der Vorsitzt der einheitlichen Bankenabwicklung ist regelmäßig zu einer Anhörung über die Durchführung der Abwicklungsaufgaben durch den Ausschuss vor dem zuständigen Ausschuss des Parlaments verpflichtet.

Für die Rechenschaftspflicht der unabhängigen Einrichtung SRB gegenüber dem europäischen Parlament ist in einer Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Parlament und dem SRB festgelegt, die am 24. Dezember 2015 veröffentlicht wurde.

Literaturverzeichnis

Bundesministerium der Finanzen. 2019. „Vorschläge zur Vollendung der Bankenunion“. Zugriff am: 17. Juni 2020. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Internationale_Finanzpolitik/2019-11-06-Bankenunion.html

Magnus, Marcel. 2019. “Europäisches Parlament – Bankenunion.“. Zugriff am: 17. Juni 2020. https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/88/bankenunion

Reuters, F. 2019. „Olaf Scholz bei EU-Einlagensicherung kompromissbereit.“ .Zugriff am: 17. Juni 2020. https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-11/bankenunion-olaf-scholz-eu-einlagensicherung

Ständer, Phillipp. 2017. „Drei Szenarien für die Zukunft der Bankenunion“. Zugriff am: 17. Juni 2020 https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/170627_JDI_Bankenunion_Web.pdf