Adaptive Inflationserwartung

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Fertig.gif Dieser Artikel wurde durch den Review-Prozess vervollständigt und korrigiert. Der Bearbeiter hat den Artikel zur Bewertung eingereicht. --Maria Hellwig

Allgemein sind Inflationserwartungen die Vorstellungen, die ein Wirtschaftssubjekt vor Beginn einer bestimmten Periode über die Inflationsrate dieser Periode entwickelt.[1]

Bei adaptiven Inflationserwartungen spricht man von Erwartungen, welche sich aus vergangenen Erfahrungen ableiten und die früheren Schätzfehler zur Korrektur mit einbeziehen. Dabei lernen die Wirtschaftssubjekte aus ihren Fehlern und versuchen diese nun in ihrer neuen Erwartungsbildung zu korrigieren[2], das heißt sie revidieren ihre Erwartungen von Periode zu Periode "entsprechend der Abweichung der tatsächlichen Inflationsrate von der erwarteten Inflationsrate"[3].

Die erwartete Inflationsrate[4]

  • bleibt gleich, wenn die tatsächliche Inflationsrate mit der erwarteten Inflationsrate der Vorperiode übereinstimmt,
  • wird erhöht, wenn die tatsächliche Inflationsrate höher ist als die erwartete Inflationsrate in der Vorperiode,
  • wird gesenkt, wenn die tatsächliche Inflationsrate niedriger ist als die erwartete Inflationsrate in der Vorperiode.

Alternative Definition

Abweichende Definitionen im Bezug auf adaptive Inflationserwartungen liegen in der Literatur nicht vor.

Berechnung

Die untere Gleichung besagt, "dass die erwartete Inflationsrate in der Periode t von der erwarteten Inflationsrate in der Vorperiode sowie von der mit h gewichteten Abweichung der tatsächlichen von der erwarteten Inflationsrate in der Vorperiode abhängt"[5], wobei h zwischen null und eins liegt. "Je größer der Korrekturfaktor h, desto schneller erfolgt die Anpassung der Erwartungen an die tatsächliche Entwicklung."[6]


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= Korrekturfaktor


Generell ist die errechnete Inflationserwartung keine Konstante, "sondern eine von der vergangenen Inflationserwartung abhängige und damit prinzipiell variable Größe"[7]. Aufgrund der Adaption (Anpassung) der Inflationserwartung an die tatsächliche Inflationsrate, werden die Fehler der Erwartung tendenziell abgebaut. Jedoch sind laufende Erwartungsirrtümer unvermeidlich, wenn die tatsächliche Inflationsrate nicht konstant ist.[8]


In folgender Gleichung wird erkennbar, dass die adaptiven Inflationserwartungen auf beliebig viele vergangene Perioden ausgedehnt werden können.


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Danach ist die erwartete Inflationsrate "ein gewogenes arithmetischen Mittel der vergangenen Erfahrungswerte"[9]. Dabei nimmt die Gewichtung des Einzelwertes bei der Errechnung des Mittelwertes mit steigendem i fortlaufend ab, das bedeutet, "dass die weit in der Vergangenheit liegenden Erfahrungen nur noch einen geringen Einfluss auf die tatsächlichen Erwartungsbildungen besitzen"[10].

Begriffliche Einordnung

Die Literatur unterscheidet zwischen statischen, autoregressiven und rationalen Inflationserwartungen.[11]

Bei der statischen Inflationserwartung ist die erwartete Inflationsrate konstant, das heißt sie ist unabhängig von Veränderungen in der ökonomischen Umwelt. Zu den autoregressiven Erwartungen zählen die extrapolativen und adaptiven Ansätze, welche inhaltlich übereinstimmen und sich lediglich formal unterscheiden. Diese beiden Ansätze "weisen den Mangel auf, dass sie unterstellen, die Erwartungsbildung beruhe ausschließlich auf der Beobachtung von Vergangenheitswerten"[12]. Um diesen Mangel zu beseitigen, entwickelte John Muth, im Jahr 1961, ein Gegenmodell zur Bildung von Erwartungen: die rationalen Inflationserwartungen, wobei die erwarteten Inflationsraten auf Basis eines ökonomischen Informationsmodells prognostiziert werden sollten.

Fachliche Einordnung

Die Phillips-Kurve[1] beschreibt den Zusammenhang zwischen der Veränderung von Nominallöhnen bzw. Preisen und der Arbeitslosigkeit.[13]

An diesem Trade-off äußerten die Monetaristen Edmund Phelps[2] und Milton Friedman[3] 1967 und 1968 die Kritik, dass kein langfristiger, sondern nur ein kurzfristiger negativer Zusammenhang zwischen der Inflation und der Arbeitslosigkeit bestehe, da sie den Wirtschaftssubjekten adaptive Erwartungen unterstellten.

Demnach führt eine Erhöhung der Inflationsrate kurzfristig zu einer Senkung der Arbeitslosenquote, aber nur solange, wie noch ein Erwartungsirrtum über die Inflationsrate besteht. Wenn dieser Erwartungsirrtum revidiert wurde und die erwartete und die tatsächliche Inflationsrate übereinstimmen, wird die Arbeitslosenquote langfristig auf ihr natürliches Niveau zurück gehen.[14]

Anwendungsbeispiel

Dieser Zusammenhang zwischen der Inflation und der Arbeitslosigkeit, nach Friedman und Phelps, soll im Folgendem an einem Beispiel erklärt werden.

Voraussetzungen nach Friedman und Phelps:

  • die Wirtschaftssubjekte (hier: Arbeitnehmer) unterliegen einer Geldillusion, d.h. sie machen die Entscheidungen über ihr Arbeitsangebot und ihrer Lohnforderung von der erwarteten Inflationserwartung abhängig,
  • die Arbeitnehmer erkennen eine Erhöhung des Preisniveaus erst zum Ende einer Periode,
  • die Unternehmen hingegen realisieren schon zu Beginn einer Periode die Preisniveausteigerung.

Wenn das Preisniveau nun steigt, erhöht sich bei unverändertem Nominallohn auch die Arbeitsnachfrage der Unternehmen. Das Arbeitsangebot hingegen bleibt gleich, da die Arbeitnehmer die Preisniveauerhöhung noch nicht realisiert haben. Aufgrund der Erweiterung der Geldmenge im Zusammenhang mit steigenden Preisen kann die Zentralbank nun die Beschäftigung erhöhen.[15] Bei adaptiven Erwartungen der Arbeitnehmer passen diese ihre Erwartungen allmählich an die tatsächliche Inflationsrate an und verlangen entsprechend höhere Lohnzuschläge. Auf diese Weise erhoffen sie , die auftretenden Kaufkraftverluste ausgleichen zu können.[16] Daraus folgt, dass der Reallohn ansteigt und dies bewirkt wiederum, dass der Beschäftigungsgrad erneut auf sein ursprüngliches Niveau sinkt (siehe Abbildung).


Phillips-Kurve bei adaptiven Erwartungen auf langfristige Sicht

Langfristige Sicht.jpg

= Inflation

= Arbeitslosigkeit

û = natürliche Arbeitslosenquote

PK = kurzfristige Phillips-Kurve



Wenn die Zentralbank ihre expansive Geldpolitik weiter fortsetzt, bleibt die Inflationsrate auf ihrem neuen, höheren Niveau.[17] Diese Anpassungsprozesse können sich "beliebig oft wiederholen, wobei jedes Mal eine kurzfristige Phillips-Kurve entsteht (in der Abbildung PK1 bis PK3), bei der die natürliche Arbeitslosenquote û immer mit einer höheren Inflationsrate gekoppelt ist"[18] .


Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei diesen Vorgängen zwar die Inflationsrate ansteigt, die Beschäftigung jedoch unverändert bleibt. Hier wird deutlich, dass der trade-off zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit tatsächlich nur kurzfristig zustande kommt. Langfristig passen sich die Arbeitnehmer, entsprechend ihrer adaptiven Erwartungen, an die aktuelle Wirtschaftslage an.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Rüdiger Pohl: Theorie der Inflation, S. 112
  2. Vgl. Jürgen Kromphardt: Arbeitslosigkeit und Inflation, S. 163f
  3. Manfred Neumann: Theoretische Volkswirtschaftlehre I, S. 217
  4. Vgl. Rüdiger Pohl: Theorie der Inflation, S. 123
  5. Horst Hanusch, Thomas Kuhn, Uwe Cantner: Volkswirtschaftlehre I, S. 389
  6. Uwe Westphal: Makroökonomik, S. 49
  7. Rüdiger Pohl: Theorie der Inflation, S. 124
  8. Vgl. Rüdiger Pohl: Theorie der Inflation, S. 124
  9. Manfred Neumann: Theoretische Volkswirtschaftlehre I, S. 217
  10. Uwe Westphal: Makroökonomik, S. 50
  11. Vgl. Rüdiger Pohl: Theorie der Inflation, S. 121f
  12. Manfred Neumann: Theoretische Volkswirtschaftlehre I, S. 218
  13. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Phillips-Kurve, 12.04.2008
  14. Vgl. Rüdiger Pohl: Theorie der Inflation, S. 135
  15. Vgl. Bernhard Felderer, Stefan Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik, S. 245
  16. Vgl. Horst Hanusch, Thomas Kuhn, Uwe Cantner: Volkswirtschaftlehre I, S. 389
  17. Vgl. Bernhard Felderer, Stefan Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik, S. 246
  18. Horst Hanusch, Thomas Kuhn, Uwe Cantner: Volkswirtschaftlehre I, S. 392

Literaturquellen

  • Bernhard Felderer, Stefan Homburg: Makroökonomik und neue Makroökonomik. 9. Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg/ New York, 2005
  • Horst Hanusch, Thomas Kuhn, Uwe Cantner: Volkswirtschaftslehre 1, Grundlegende Mikroökonmik und Makroökonomik. 6. Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg/ New York, 2002
  • Jürgen Kromphardt: Arbeitslosigkeit und Inflation, Eine Einführung in die makroökonomischen Kontroversen. 2., neubearbeitete Auflage. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen, 1998
  • Manfred Neumann: Theoretische Volkswirtschaftslehre I, Makroökonomische Theorie, Beschäftigung, Inflation und Zahlungsbilanz. 5., überarbeitete Auflage. Verlag Franz Vahlen, München, 1996
  • Rüdiger Pohl: Theorie der Inflation, Grundzüge der monetären Makroökonomik. Verlag Franz Vahlen, München, 1981
  • Uwe Westphal: Makroökonomik, Theorie, Empirie und Politikanalyse. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin/ Heidelberg/ New York, 1994